Foto: Hochschule Landshut: Campus der Hochschule Landshut

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Gezielte Personalentwicklung in der Kanzlei

Landshuter Modell: Duales Studium „Steuerberatung“ bzw. „Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Steuern“

Von Prof. Dr. Thomas Zinser, Hochschule Landshut Zinser, Hochschule Landshut

Top-Karrierechancen, zwei Abschlüsse in vier Jahren, Praxis und Theorie in Kombination und das Ganze auch noch bezahlt – für welchen Schulabgänger klingt das nicht reizvoll? Doch ist das Verbundstudium Steuern an der Hochschule Landshut – landläufig „Duales Studium Steuern“ genannt – nicht für jeden etwas, denn die Anforderungen an Disziplin und Zeitmanagement sind höher als bei einer „normalen“ Ausbildung.

Das Landshuter Modell kombiniert eine zweijährige Ausbildung zur/m Steuerfachangestellten mit dem Studium der „Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Steuern“ bzw. neu seit dem Wintersemester 2021/2022 mit dem Studiengang „Steuerberatung“ an der Hochschule Landshut.

In einer Gemeinschaftsinitiative von Berufsangehörigen, der Staatlichen Berufsschule II Landshut und der Hochschule Landshut wurde ein Konzept entwickelt, das einerseits dem Interesse der Steuerberatungskanzleien an motivierten, gut ausgebildeten, praxiserfahrenen Hochschulabsolventen gerecht wird, andererseits aber auch den „Dualis“ herausragende Perspektiven eröffnet. Dieses duale Studium wurde im Oktober 2019 in Berlin mit dem von den Mitgliedsverbänden gestifteten jährlichen Ehrenpreis des Deutschen Steuerberaterverbands ausgezeichnet.

Die schon damals gerühmten Vorteile des dualen Studiums an der Hochschule Landshut wurden mit der Einführung des neuen Studiengangs „Steuerberatung“ noch verstärkt. Dieser neue Studiengang fokussiert die Hochschulausbildung an den Anforderungen einer Tätigkeit im steuerberatenden Beruf. So wurden insbesondere die ausgeprägten Wahlmöglichkeiten im klassischen Studium der Betriebswirtschaftslehre zugunsten von Fächern mit steuerlichem Bezug modifiziert. So sind neben den Ertragsteuern und der immer wichtiger werdenden Umsatzsteuer auch etwa Fächer wie Abgabenordnung, Bewertungsrecht, Erb- und Erbschaftsteuerrecht, Internationales Steuerrecht oder Digitalisierung im Steuerrecht verpflichtend. Zudem werden auch die Bereiche Gesellschaftsrecht sowie Bilanz(steuer)recht wesentlich intensiver gelehrt.

Die Berufsausbildung zur/m Steuerfachangestellten allein ermöglicht bereits ein sehr erfolgversprechendes Tätigkeitsfeld. Viele Branchen suchen händeringend nach Steuerfachleuten und die Steuerberatungspraxen selbst haben unabhängig von konjunkturellen Umbrüchen oder wirtschaftlichen Abschwächungen fast immer Konjunktur.

Hinzu kommt die zunehmende Dynamik der Digitalisierung und die damit verbundene Automatisierung im Rechnungswesen, in Digitalanalysen und insbesondere im Datenaustausch der Unternehmen mit den Behörden. Das Steuerbüro ist heute quasi eine Datendrehscheibe. Um die hohen Anforderungen dieses Berufs zu erfüllen, ist eine moderne und qualifizierte Ausbildung unverzichtbar. Die Tätigkeit in der Steuerberatungskanzlei wird auch weiterhin ein krisensicherer Beruf mit herausragenden Zukunftsperspektiven bleiben.

Im dualen Studium – sei es im Studiengang Steuerberatung, sei es im Studiengang Betriebswirtschaftslehre – verkürzt sich dank einer engen Abstimmung der Hochschule Landshut mit der Staatlichen Berufsschule II Landshut ohne Qualitätsverlust die Gesamtausbildungszeit signifikant. So wird in insgesamt vier Jahren die doppelte Qualifikation erreicht: Abschlussprüfung zur/m Steuerfachangestellten sowie akademischer Hochschulabschluss zum Bachelor of Arts (B.A.). Der Theorieanteil des dualen Studiums entspricht zu 100 Prozent dem des regulären akademischen Studiums. Allerdings entfällt im fünften Studiensemester aufgrund der nachgewiesenen praktischen Berufstätigkeit das ansonsten obligatorische Berufspraktikum, sodass bereits insoweit ein Semester „gespart“ wird. An der Staatlichen Berufsschule II Landshut werden die Lehrinhalte des dritten Berufsschuljahres in der speziellen Förderklasse bereits in den zwei vorangegangenen Berufsschuljahren vermittelt – also auch hier kein inhaltlicher Verlust.

In der Berufsschule wird in einer Sonderklasse komprimierter Unterricht geboten, der wichtige Grundlagen legt. Im zweiten Berufsschuljahr ist parallel zur Berufsschule das erste und das zweite Semester an der Hochschule zu besuchen. Dieses zweite Berufsschuljahr ist durchaus eine Herausforderung für die „Dualis“, aber auch für die Arbeitgeber. Denn hier gilt es nicht nur am Ende die Abschlussprüfung zur/m Steuerfachangestellten zu bestehen und zugleich Veranstaltungen an der Hochschule zu besuchen und Prüfungen abzulegen, sondern darüber hinaus auch noch den Bedürfnissen der Arbeitgeber im Hinblick auf eine Mindestpräsenz in der Kanzlei Rechnung zu tragen. Allerdings ist diese Dreifachbelastung insbesondere auch unter Berücksichtigung der Semesterferien mit entsprechend gutem Willen aller Beteiligten machbar.

Durch die enge Verzahnung von Theorie und Praxis an den drei Lernorten Kanzlei/Unternehmen, Berufsschule und Hochschule eröffnen sich den dual Studierenden optimale Karrierechancen. Bereits während des Studiums arbeiten sie aktiv in der Kanzlei mit und werden in die betrieblichen Strukturen, Arbeitsweisen und Abläufe eingebunden, sammeln erste Berufserfahrung. Hierdurch können die theoretischen Inhalte der Hochschule unmittelbar in der Praxis umgesetzt werden, wodurch die Studenten einen deutlich besseren Bezug zum Erlernten erhalten. Nach dem Studium haben sie nicht nur einen vollwertigen akademischen Hochschulabschluss, sondern können auch umfangreiche Praxis- und Berufserfahrung vorweisen – eine Qualifikation, die dem heutigen Anforderungsprofil der Arbeitgeber in vollem Maße entspricht. Der Berufseinstieg, wenn man von einem solchen überhaupt noch reden kann, wird wesentlich einfacher. Die Einarbeitungszeit fällt bei einem dualen Hochschulabsolventen völlig weg.

Ein klarer Vorteil auch für die ausbildende Kanzlei: Absolventen bedürfen keiner monatelangen Hinführung an die Praxis, sondern können aufgrund der bereits erworbenen Kenntnisse in der Kanzlei sofort als vollwertige Arbeitskraft durchstarten. Und ein weiterer gewichtiger Punkt: Das duale Studium ist besonders für mittlere und größere Kanzleien zur Rekrutierung und Bindung hochqualifizierter Mitarbeiter und künftiger Führungskräfte geeignet. Für kleinere Kanzleien ist es wiederum im Hinblick auf die Kanzleinachfolge durchaus interessant. Das Angebot des dualen Studiums steigert die Attraktivität der Kanzlei für gutqualifizierte Bewerber, solche, die der Berufsstand in Zukunft dringend sucht.

Ein zusätzlicher positiver Effekt für die Studierenden: Während der vierjährigen Ausbildungs- und Studienzeit bis zum Bachelor erhalten sie eine monatliche Vergütung. Fachfremde Nebenjobs sind überflüssig. Vielmehr arbeitet man in der Kanzlei, was nicht nur die Finanzierung des Studiums sicherstellt, sondern auch wertvolle Erfahrungen für die zukünftige Arbeit im Steuerbereich ermöglicht. In Bezug auf das duale Studium Steuern wird mit der Steuerberaterkammer vorab ein Ausbildungsvertrag über zwei Jahre abgeschlossen (= bis zur Ablegung der Prüfung zum Steuerfachangestellten), dem sich ein Bildungsvertrag in Teilzeit über zwei Jahre anschließt. Nach Erwerb des Bachelors wird das Arbeitsverhältnis in Vollzeit fortgeführt. Die Ausbildungskanzlei legt im Bildungsvertrag die Vergütungshöhe und den Urlaubsanspruch im Einzelfall fest.

Die Zulassung zum Studium setzt die Hochschulzugangsberechtigung voraus. Sie wird überwiegend auf schulischem Weg erworben (allgemeine Hochschulreife, fachgebundene Hochschulreife, Fachhochschulreife). Ohne solche Reifeprüfungen wird auch „beruflich Qualifizierten“ der Zugang zum Hochschulstudium ermöglicht. Ein duales Studium ist für die Personalentwicklung in der Steuerkanzlei mitunter sehr zielführend:

  1. Der allgemeine Hochschulzugang setzt eine berufliche Fortbildungsprüfung auf dem Niveau Fachwirt sowie ein Beratungsgespräch an der Hochschule voraus. Über diesen Weg können bspw. geprüfte Steuerfachwirte das Studium aufnehmen.
  2. Der weiter mögliche fachgebundene Hochschulzugang setzt eine mindestens zweijährige Berufsausbildung, eine anschließend mindestens dreijährige Berufspraxis, ein Beratungsgespräch an der Hochschule sowie ein zweisemestriges Probestudium voraus.

Wenn in diesem Probestudium der geforderte Leistungsnachweis erbracht wird, wird der endgültige Hochschulzugang eröffnet. Geprüfte Steuerfachangestellte können aufsteigen.

Information

Für weitere Fragen zum dualen Studium stehen Ihnen Prof. Dr. Thomas Zinser von der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Landshut (thomas.zinser@haw-landshut.de) bzw. Tanja Zeis von der Staatlichen Berufsschule II Landshut (tanja.zeis@bs2-landshut.de) gerne zur Verfügung.

  • Prof. Dr. Thomas Zinser (Mitte) mit früheren „Dualis“

  • Der damalige DStV-Präsident Harald Elster verleiht Prof. Dr. Thomas Zinser (links) und LSWB-Ehrenpräsident Dr. Peter Küffner (rechts) den Ehrenpreis des Deutschen Steuerberaterverbands