LSWB-Clubabend am 9. Oktober 2019 in München

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Kanzleinachfolge

Thema auch bei den Herbst-Club-Abenden in München und Nürnberg

Von Klaus Richter, Steuerberater, Wirtschaftsmediator

Wenn eine Kanzleinachfolge für alle Beteiligten erfolgreich sein soll, empfiehlt sich hierfür eine umsichtige Planung und Vorbereitung. Ein Generationswechsel gelingt, wenn Angebot und Nachfrage zusammenpassen, weil die persönlichen bzw. wirtschaftlichen Interessenslagen beider Parteien im Vorfeld hinreichend transparent kommuniziert wurden.

Wie weit liegen Wunsch und Wirklichkeit auseinander? Besteht einerseits die Bereitschaft, loszulassen und andererseits der Wille, Unternehmer mit Leib und Seele zu sein? Besteht Konformität mit den jeweiligen Lebensplänen? Parteiliche Interessenslagen lassen sich nicht so ohne Weiteres auf Kaufpreis-Maximierung bzw. -Minimierung reduzieren, vor allem dann nicht, wenn neben materiellen Rechengrößen persönliche Beweggründe befriedigt werden sollen.

Die Hauptziele suchender Kollegen liegen vorrangig in der Absicherung der wirtschaftlichen Ertragskraft, zunehmend aber auch in ihrer höchst persönlichen Selbstverwirklichung. Der berufserfahrenen Kanzlei-Inhaber, der seinen Beruf nicht mehr ausüben will oder kann, hat hingegen in erster Linie seine wirtschaftliche Versorgung im Ruhestand bzw. seine private Vermögensabsicherung vor Augen.

Kanzleinachfolge bedeutet Veränderung. Ist man sich der sich hieraus für alle Nachfolgebeteiligten ergebenden Auswirkungen nicht bewusst, bergen Veränderungen nur schwer zu bewältigendes Konfliktpotenzial – beispielhaft in den Bereichen:

  • Kanzleiführung – z. B. Akzeptanz der Persönlichkeitsprägungen (verstandesbetont, gefühlsbetont, ordnungsorientiert, wagemutig)
  • Kanzleiorganisation – z. B. Hierarchien/Teams/Arbeitsplatz-Beschreibungen und -Besetzungen, Mitarbeiterkommunikation, Kooperationen
  • Mandatsorientierung – z. B. Arten/Branchen/Größen, Tätigkeits-/Interessensschwerpunkte, Massenbearbeitung
  • Qualitätsbewusstsein – z. B. Qualitätsstandards, Streben nach Zertifizierung, Sachbearbeitung großzügig vs. detailbesessen Wirtschaftlichkeitsverständnis – z. B. Profitoptimierung

Je nach Kanzleigröße, Rechtsform, Branchenbezug und fachlicher Qualifikation gibt es in Kombination eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie Kanzleinachfolge funktionieren kann. Sowohl auf Verkäufer- als auch Käufer-Seite können Einzelpersonen, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften stehen, die schon aufgrund ihres eigenen wirtschaftlichen Konzepts nicht unbedingt mit dem des Gegenüber kompatibel sein müssen. Wann, warum und zu welchen rechtlichen, wirtschaftlichen, steuerlichen Rahmenbedingungen etwas verkauft bzw. gekauft wird, muss insbesondere dann genau ausgelotet werden, wenn sehr unterschiedliche Rechtspersonen, die naturgemäß sehr unterschiedliche Kulturen pflegen, aufeinandertreffen.

Zu beachten ist auch, dass neben Käufer und Verkäufer weitere Nachfolgebeteiligte – zum Teil mit wesentlichem Einfluss auf die Ertragskraft des Kanzleibetriebes – bei der Umsetzung des Nachfolgekonzepts mit ins Boot genommen werden müssen.

Bezüglich der Mandanten ist das Übernahme-Einverständnis obligatorisch und sollte schon unter dem Gesichtspunkt der für den Käufer bedeutungsvollen Mandats- und Umsatzabsicherung nicht vernachlässigt werden. Die Beachtung von Datenschutz-Bestimmungen ist selbstverständlich. Ein vorausschauender Praxisinhaber wird auch seine Mitarbeiter frühzeitig auf die bevorstehende Kanzleiveräußerung einstimmen, um so qualitativ nachhaltige Sicherheit geben zu können.

Die Marktsituation ist in ständigem Wandel – Käufer und Verkäufer tun gut daran, auch flexibel zu sein. Auf unwegsamem Gelände sind kreative Ideen gefragt, um letztlich doch zusammenzufinden. Wo ein Wille ist, ist meist auch ein Weg.