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Der DStV stellt sich vor
Teil 5: Aus dem Arbeitskreis BWL
I. Der Arbeitskreis BWL des DStV (AK BWL)
Der AK BWL ist im Jahr 2013 gestartet mit dem Ziel, im Steuerbüro praktisch anwendbare Betriebswirtschaftslehre (BW) bereitzustellen. Es ging dabei um Beratungsaufgaben für Steuerberaterinnen und Steuerberater, die rechnungslegungsnah sind. Von Anfang an sind regelmäßig praxisorientierte Aufsätze nach dem Motto „aus der Praxis für die Praxis“ erschienen. Einen Umbruch gab es im Jahr 2016 mit der Einführung des Multiplikatorensystems. Ausschlaggebend war die Überzeugung des AK, dass die rechnungsnahe BW ein großes, noch nicht hinreichend genutztes Beratungspotenzial in der Berufspraxis bietet. Aus diesem Grund sollte dieses Themenfeld mit den damit einhergehenden Möglichkeiten für den Berufsstand noch weiter und intensiver verbreitet werden. Das neue Modellkonzept „Multiplikatorenmodell“ zielt auf den regionalen Transport der Themen in die Landesverbände und von dort in die regelmäßig stattfindenden Vor-Ort-Treffen (Bezirksgruppen), sozusagen die Kapillargefäße der Verbände. „Multiplikator“ ist ein fester Ansprechpartner („Kümmerer“) bei den jeweiligen Landesverbänden. In der Folgezeit wurden bestimmte, durch die Multiplikatoren erarbeitete Themenbereiche durch den Bundesverband als PowerPoint-Präsentation aufbereitet und mit ausführlichen Erläuterungen den jeweiligen Multiplikatoren in den Landesverbänden bereitgestellt. Dort konnten dann in den Bezirksgruppen die Themen vor Ort besprochen werden.
II. Rechnungslegungsnahe betriebswirtschaftliche Beratung
Es ist die Überzeugung des Arbeitskreises, dass betriebswirtschaftliche Beratung ihren Ausgangspunkt in einer qualitativ hochwertigen BWA hat. Darauf baut sogar die am 01.01.2021 vorgeschriebene Einführung eines Risikofrüherkennungssystems1 auch bei kleinen Kapitalgesellschaften. Allerdings ist diese Qualitäts-BWA tatsächlich nur der Ausgangspunkt im Sinne dieser neuen Vorschrift. Hinzu kommen zwingend die Unternehmensplanung, bestehend aus GuV-Plan, Bilanzplan und Liquiditätsplan. Vielen Berufskollegen ist noch nicht bewusst, dass aus einer Wunschleistung eine Pflichtleistung werden könnte.
Die drei Hauptbereiche der rechnungslegungsnahen betriebswirtschaftlichen Beratung:
- Beratung aus FiBu und BWA
- Beratung aus dem Jahresabschluss
- FiBu-nahe Zusatzleistungen
Beratung aus FiBu und BWA
- ordnungsmäßiges Belegwesen sicherstellen
- Überwachung: Unternehmensentwicklung unterjährig beobachten und Mandanten proaktiv ansprechen
- bereits unterjährig Mandanten mit Branchenvergleich auf Abweichungen beraten
- frühzeitiges Eingreifen: Frühwarnsystem bei Fehlentwicklung
- Hochrechnung zum Jahresende
- betriebswirtschaftliche Maßnahmen zur Ergebnisbeeinflussung
Beratung aus dem Jahresabschluss
- Jahresabschlussanalyse
- Zahlen verständlich aufbereiten, d. h. professionelle Präsentation
- Chancen/Risiken Vermögensstruktur, Kapitalstruktur, Erfolgsstruktur
- Working Capital Management
- Bilanzsummenmanagement
- Liquidität, laufzeitadäquate Finanzierung
- Steuergestaltung
- Branchenvergleich, interner, externer
- Kreditrating mit quantitativen und qualitativen Faktoren
- Chancen/Risiken des Unternehmens mit SWOT-Analyse
- Unternehmensentwicklung
- Unternehmensplanung, Strategieberatung, Erfolgsfaktoren, Wettbewerbsstrategie
- Unternehmensnachfolge
- Notfallplanung
- Zahlen verständlich aufbereiten, d. h. professionelle Präsentation
FiBu-nahe Zusatzleistungen
- steuerliche Maßnahmen aufgrund der Hochrechnung zum Jahresende
- Überwachung von Unternehmenszielen
- kurzfristiges Berichtswesen für Mandanten, ggf. Gesellschafter, Banken (Beratung im Hinblick auf Bankanalyse)
- digitale Zusammenarbeit – Buchhaltung online
- Controlling Report
- BWA-Optimierer
- Kosten- und Leistungsrechnung – Strukturierung/Aufbau
- Zusatzleistung FiBu: Zahlungsverkehr, Mahnungen u. a.
- Kostenstruktur – Trennung fixe und variable Kosten
- individuelle BWA
- englisch-/französischsprachige BWA
In der ersten Sitzung unter Einbeziehung der Multiplikatoren aus den Landesverbänden des DStV wurden die Themenbereiche für mehrere Jahre erarbeitet. Die ersten Themenbereiche waren:
- Der Steuerberater als Erfolgsberater für seine
- Mandanten (2017/18)
- Beraten mit Qualitäts-BWA (2018/19)
- Jahresabschluss/Jahresabschlussgespräch:
- Ritual oder großes Kino? (2019/20)
- Unternehmensplanung: Der Erfolg der Zukunft (2020/21)
III. Bedeutsame Themen im Steuerberatungsumfeld?
Ausgelöst durch die Corona-Krise sind viele Steuerberatungsunternehmen unter Druck. Daher erscheint die Beschäftigung mit Zukunftsthemen eher als Luxus. Aber diese Zeit wird vorbeigehen und alte Probleme (und wahrscheinlich einige neue) kommen zurück. Die größte Veränderung im Zusammenhang mit der Corona-Krise scheint nach vielen Gesprächen mit Steuerberatungsunternehmen die Veränderung der Tätigkeit zu sein. Das betrifft zum einen das Thema Homeoffice und zum anderen die Frage, wie kommuniziert wird (z. B. Onlinekommunikation und Onlineseminare). Ausgelöst durch die Corona-Krise haben wir einen Schnellkurs in diesen Fragen erhalten. Wenn Corona bewältigt (nicht vorüber) ist, wird unsere Berufswelt nicht mehr die gleiche sein. Und doch ändern sich einige grundsätzliche Themen (wenigstens zunächst) nicht, nämlich wie Steuerberatungsunternehmen im Markt ausgerichtet sind.
IV. Was tun?
Jedes der unter I. genannten Themen ist eine Herausforderung für den Berufsstand, insbesondere für das einzelne
Steuerberatungsunternehmen. Seminaranbieter, Softwarehersteller und Berater für Steuerberaterinnen und Steuerberater bieten verschiedene Hilfen an. Das sind gute Hilfen, aber es ändert die Ausgangsposition nicht. Zunächst ist es empfehlenswert, für das konkrete Steuerberatungsunternehmen die eigene wettbewerbsstrategische Position zu klären. Das hört sich groß und kompliziert an, ist es aber nicht. Manchmal ist es sinnvoll, auf „Althergebrachtes“ zurückzugreifen, zum Beispiel auf die Wettbewerbsstrategien nach Porter2:
- Kostenführerschaft
- Differenzierung durch Alleinstellungsmerkmale aus Sicht der Zielgruppe
- Konzentration (Nischenstrategie bzw. Schwerpunkte)3
V. Zusammenfassung
Die Prüfung der Ausrichtung von Steuerberatungsunternehmen im Hinblick auf die schnellen derzeitigen Entwicklungen gegenüber (auch branchenexternen) Wettbewerbern könnte im Ergebnis eine Differenzierungsstrategie sein:
- Bewältigung der Komplexität und Digitalisierung durch Spezialisierung,
- bessere Mitarbeitergewinnung durch Weiterentwicklungsangebote in einer zukunftsorientierten Kanzlei,
- bessere Einteilung der zeitlichen Ressourcen von Steuerberatern und Mitarbeitern,
- Begegnung Preis-/Honorardruck
- durch höhere Qualität aufgrund verbesserten Know-hows,
- durch schnellere Bereitstellung der Ergebnisse,
- bei gleichzeitig sinkenden internen Kosten durch Wiederholung.
Davon abgesehen werden sich aber die Steuerberatungsunternehmen in aller Regel auf neue Arbeitsumfelder einstellen müssen, die viel stärker durch Homeoffice, digitale Weiterbildung (Mischung aus persönlichem und virtuellem Training) und Kommunikation geprägt sein werden. Es bestehen m. E. wenig Alternativen, weil künftig die qualifizierten Mitarbeiter und Mandanten dort hingehen, wo ein entsprechendes Angebot gemacht wird. Die Veränderungen des Jahres 2020 sind nur der Anfang. Die Krise hat das vorweggenommen, was ohnehin in den nächsten Jahren gekommen wäre. Auch die Wahrnehmung unseres Berufsstandes ist durch die Einbeziehung in die Anträge auf Corona-Hilfen verändert. Während also die Ausrichtung unserer Steuerberatungsunternehmen in unserer Hand liegt, ist die Umsetzung der technischen Fragen vom Markt her bestimmt. Insgesamt eine erfreuliche Perspektive für die Ausübung unseres Berufes, wenn die Herausforderung angenommen wird.
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1 Vgl. Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)
2 Vgl. Porter, Wettbewerbsvorteile, Spitzenleistungen erreichen und behaupten, 1999.
3 Vgl. zu allen drei Bereichen ausführlich Stengert in StBV Hessen Nr. 1/2021