Foto: girafchik/adobe stock

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Ausbildungsplätze steigern! Nur wie?

LSWB-Ausschuss Kanzleinachwuchs gestartet

Von dem LSWB-Ausschuss Kanzleinachwuchs. Vorsitzende: Sabine Oettinger, Ausschussmitglieder: Stefan Dreßler, Dr. Jutta Fischer-Neuner, Sabine Kastner, Sabine Wirsching

Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse für unseren Beruf muss gesteigert werden, da sind wir uns alle einig. Die Frage ist nur, auf welchem Wege, mit welchen Mitteln und mit welchen Initiativen dieses Ziel zu erreichen ist.

Im Kammerbezirk der Steuerberaterkammer München wurden im September 2022 nur knapp 700 Auszubildende eingestellt. Das alleine ist schon eine erschreckend geringe Zahl. Aber es kommt noch schlimmer: Davon werden erfahrungsgemäß bei weitem nicht alle das Berufsziel Steuerfachangestellte bzw. Steuerfachangestellter erreichen. Und das ist wirklich viel zu wenig an Auszubildenden, die in den nächsten Jahren als Mitarbeitende in unseren Kanzleien tätig sein und im Laufe der Jahre verantwortungsvolle Positionen übernehmen sollen.

Wir haben es mit einer akuten Ausbildungskrise zu tun. Wir müssen hier so schnell wie möglich gegensteuern. Oder wie wollen wir die Zukunft unserer Kanzleien sichern, wenn wir die dafür notwendigen Mitarbeiter nicht ausgebildet haben?

Woran aber liegt es eigentlich, dass so wenige Ausbildungsverträge geschlossen werden? Die Sichtbarkeit unseres Berufsstandes im Wettbewerb um gute Nachwuchskräfte ist sicherlich ein sehr wichtiges Kriterium für diese Krise, die übrigens auch nicht erst seit gestern bekannt ist. Ein zweiter Ansatzpunkt ist das zu geringe Angebot an Ausbildungsplätzen. Oder anders formuliert: Zu wenige Kanzleien bieten konkrete Ausbildungsplätze an und kümmern sich damit aktiv um die Nachwuchskräfte. Hier sind wir also vor allem als Ausbilder gefragt.

Wir sehen im Wesentlichen zwei Anknüpfungspunkte, an denen wir gemeinsam arbeiten sollten, um der Krise entgegenzuwirken:

1. Wir müssen die Sichtbarkeit unseres Berufsstandes deutlich steigern, um potenzielle Azubis zu erreichen und auf uns aufmerksam zu machen. Das kann durch groß angelegte Imagekampagnen in der Öffentlichkeit erreicht werden. Von diesem Weg wissen wir bisher aber nur, dass er sehr teuer ist. Nachhaltige Erfolge wurden damit meines Wissens bisher nicht erzielt.

Um einiges erfolgversprechender scheint mir das unmittelbare Wirken der Kanzleien in der Region, sei es durch Vorträge an Schulen, das Angebot von Praktika, durch Teilnahme an Jobmessen usw.

2. Wir müssen die Ausbildungskanzleien nachhaltig und konkret unterstützen, um die Zahl der Ausbildungsangebote zu erhöhen. Wir haben im LSWB einen Ausschuss Kanzleinachwuchs ins Leben gerufen, um konkrete Unterstützungsmaßnahmen für die Kanzleien zu entwickeln und anzubieten, die sich vor Ort um die Ausbildung junger Menschen kümmern und dafür eine Menge Arbeit und Kosten auf sich nehmen.

In diesem Ausschuss wurde eine Wunschliste an die zu adressierenden Institutionen erarbeitet, die wir hier gerne vorstellen möchten.

An die Agentur für Arbeit:

  1. Die Agentur für Arbeit muss mehr Informationen über unseren Beruf und damit auch ein besseres Verständnis für unser aktuelles Berufsbild bekommen. Dazu sind regelmäßige Online- oder Präsenzveranstaltungen zwischen Berufsstand und Berufsberatern sinnvoll. Damit könnten auch Falscheinschätzungen korrigiert werden.
  2. Die Agentur für Arbeit muss die Struktur unserer berufsständischen Organisationen besser kennenlernen, um gezielt Interessenten an regionale Vertreter weiterzuleiten. Das könnten zum Beispiel unsere Zweigstellenleiter sein.
  3. Weiter sollten wir als Ausbildende umfassende Informationen zu Fördermöglichkeiten bekommen, sei es für Quer- und Wiedereinsteiger oder auch für Umschüler.

An die Steuerberaterkammern:

  1. Häufig tun wir uns als Kanzleien schwer, bei Ausbildungsmessen, Vorträgen an Schulen und regionalen Berufsorientierungen auftreten zu dürfen. Aber wer könnte besser als wir über unseren Beruf und seine Perspektiven berichten, die wir direkt aus der Praxis erzählen können? Hier kann und sollte die Kammer Türen für uns öffnen und Anfragen an uns weiterleiten.
  2. Es sollten keine Gebühren im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses erhoben werden. Die Kammer München hat diese Gebühren schon vor vielen Jahren abgeschafft.
  3. Vorstellbar wäre auch eine unmittelbare finanzielle Unterstützung der ausbildenden Kanzleien, finanziert über eine Ausbildungs-Sonderumlage aller Kanzleien.

An die Softwareanbieter:

  1. Kundengespräche in den Kanzleien könnten immer auch aktiv für das Thema Ausbildung und die jeweiligen Unterstützungsangebote genutzt werden.
  2. Große Plakatflächen bieten eine enorm hohe Sichtbarkeit für die Attraktivität einer Ausbildung.
  3. Einsteigerseminare sollten kostenfrei angeboten werden.
  4. Für Auszubildende muss es kostenfreie Auszubildenden-Lizenzen geben. Das könnte auch zeitlich beschränkt sein.

An den Steuerberaterverband LSWB:

  1. Es gibt viele Kanzleien, die keine Erfahrung im Bereich Ausbildung haben und deshalb davor zurückschrecken hier mit einzusteigen. Wir würden uns deshalb eine Fortbildung in Form einer Ausbildung für Ausbilder wünschen – verknüpft mit einem werblich einsetzbaren Siegel als offizielle Ausbildungskanzlei.
  2. Wir brauchen gezielte Seminare für Quereinsteiger, und zwar am besten in verschiedenen Modulen buchbar. Das würde uns viel Zeit in den Kanzleien sparen.
  3. Da nicht jeder viel Erfahrung im Bereich Marketing hat, könnte der LSWB ausgefallene und begehrte Werbeartikel
    und einen Muster-Messestand konfigurieren, die unkompliziert mit dem Logo der jeweiligen Kanzlei individualisiert werden können. Durch den Einkaufsvorteil über den Verband könnten die Kosten für die einzelne Kanzlei deutlich gesenkt werden.
  4. Sehr aktive Kanzleien bekommen oft mehr Bewerbungen auf ihre Ausbildungsplätze, als sie einstellen können. Die Zweigstellenleiter könnten als Plattform zur Vermittlung dieser Bewerber an Kollegen und Kolleginnen dienen.
  5. Wir könnten Azubis durch überregionale Präsenz in den sozialen Medien mit „social media entertainment“ und einem damit verbundenen Recruiting erreichen. Das ist für die einzelne Kanzlei kaum zu leisten.

Wir wollen die richtigen Schritte in die Wege leiten, um diese Ausbildungskrise zu bewältigen. Denn ich bezweifle, dass wir das Problem mit einer Imagekampagne alleine in den Griff bekommen. Dazu braucht es schon etwas mehr – und zwar vor allem dort, wo tagtäglich ausgebildet wird. Wo sonst können wir junge Menschen von unserem tollen Beruf mit seinen unfassbaren Perspektiven besser überzeugen?

Als eine erste Maßnahme haben wir den LSWB-Ausbildertag initiiert, auf dem wir mit dem Berufsstand in den Dialog treten möchten und zugleich praxisorientierte Unterstützung für das Thema Ausbildung in den Kanzleien geben werden. Experten aus den Bereichen Kommunikation, HR und Recruiting aus unserem Partnernetzwerk zeigen wertvolle Impulse für ein zeitgemäßes Personalmarketing auf. Mit der Bundesagentur für Arbeit und den bayerischen Steuerberaterkammern konnten wir zudem wichtige Akteure auf dem Arbeitsmarkt unserer Branche für eine Kooperation gewinnen. Starten Sie mit uns eine gemeinsame Ausbildungsoffensive! Wir würden uns freuen, wenn Sie dieses Angebot zahlreich nutzen.

Informationen

LSWB-Ausbildertag 2023
20. September 2023, Nürnberg
21. September 2023, München
jeweils 9:00–16.00 Uhr

Anmeldemöglichkeit und detaillierte Informationen zum Tagesprogrammfinden Sie unter www.lswb-akademie.bayern/ausbildertag

Die Aussschüsse
https://lswb.bayern/ueber-uns/organisationsstruktur/