Foto: Flash concept/adobe stock

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Bericht aus dem Präsidium

Wie steht es um die Digitalisierung?

Von Dr. Jutta Fischer-Neuner, Vizepräsidentin des LSWB

Es vergeht keine Woche, in der wir Steuerberater uns nicht mit der Digitalisierung beschäftigen. So erhielten alle Steuerberater in den ersten drei Monaten des Jahres ihren Registrierungsbrief von der Bundessteuerberaterkammer für das besondere Steuerberaterpostfach (beSt). Das beSt ist das erste Anwendungsgebiet der Steuerberaterplattform. Es ermöglicht einen sicheren Datenaustausch zunächst mit Gerichten und anderen Steuerberatern bzw. Steuerberatungskanzleien.

Das beSt dient als eindeutige, anerkannte und damit vertrauenswürdige digitale Adresse für alle Steuerberater und Kanzleien. Der Empfänger der Nachricht kann sich sicher sein, dass diese Nachricht vom angegebenen Steuerberater bzw. dessen Kanzlei kommt und auf dem Weg zu ihm nicht verändert werden konnte. Die Steuerberaterplattform hat das Ziel, den steuerberatenen Berufsstand fest in das neue digitale Netzwerk einzubinden. Dieses war auch Ziel des Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG). Es verpflichtete Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen bis 31.12.2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten.

Weitere Anwendungsfälle der Steuerberaterplattform können die Zusammenarbeit mit der Deutschen Rentenversicherung bei der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung und dem Bundesanzeiger sein. Mit Inkrafttreten des DiRUG am 01.08.2022 müssen Unternehmen ihre Rechnungslegungsunterlagen und Unternehmensberichte für Geschäftsjahre beginnend nach dem 31.12.2021 nicht mehr an den Bundesanzeiger, sondern direkt an das Unternehmensregister übermitteln. Mit der Änderung des Offenlegungsmediums verbunden ist die Pflicht zur einmaligen elektronischen Identitätsprüfung für die Übermittler der offenlegungspflichtigen Unterlagen. Ohne elektronische Identifikation können seit dem 01.08.2022 keine Datenübermittlungen für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen, an das Unternehmensregister mehr vorgenommen werden.

Wie ist es um die Digitalisierung bestellt?

Die Wirtschaft in Deutschland ist 2022 im Vergleich zum Jahr 2021 nur geringfügig digitaler geworden: Der Digitalisierungsindex stieg von 107,9 auf 108,9 Punkte. Nach dem starken Anstieg 2021 kann im Jahr 2022 von einer Stagnation der Digitalisierung gesprochen werden. Anders als 2021 ist 2022 kein eindeutiger Treiber der Digitalisierung auszumachen. Das Momentum der Corona-Pandemie hat noch nicht zu einem umfassenden und nachhaltigen Digitalisierungsschub in der deutschen Wirtschaft geführt.

Wegen des Zusammentreffens verschiedener Krisen, darunter die Energiekrise, die Lieferkettenschwierigkeiten und die Preisentwicklung, und der somit fortbestehenden Ausnahmesituation ist jedoch nicht auszuschließen, dass ein solcher Schub noch ausgelöst wird. Dafür müssten sich der starke Kostendruck und die Unsicherheiten, denen Unternehmen gegenwärtig gegenüberstehen, verringern. Dann werden die Unternehmen wieder mehr Investitionsspielraum haben, um weiterreichende Digitalisierungsprojekte voranzutreiben.

Immerhin ist es beachtlich, dass die Wirtschaft unter dem Eindruck dieser Ausnahmesituation nicht sogar Rückschritte bei der Digitalisierung gemacht hat. Es bleibt weiterhin umso wichtiger, die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung in Deutschland zu verbessern.1

Wie steht es um die Digitalisierung der Steuerkanzleien?

Die Datev eG untersucht gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen Ipsos regelmäßig den Stand der Digitalisierung in den Steuerberatungskanzleien. Der Datev-Digitalisierungsindex besteht aus fünf Teilindizes. Im ersten geht es um eine Selbsteinschätzung der Steuerberater in Bezug auf die Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie in der eigenen Kanzlei, also seine „digitale Affinität“. Im Gegensatz dazu geht es bei den vier anderen Teilindizes um den ganz konkreten und aktuellen Digitalisierungsstand in vier maßgeblichen Prozesskreisen: im Belegeingang, in den Prozessen, in der Eigenorganisation der Kanzlei und in der Verbreitung digital unterstützter Dienstleistungen. Die fünf Teilindizes fließen jeweils mit einem Gewicht von 0,2 in den Gesamtindex ein.2

Der Datev-Digitalisierungsindex für die Steuerberatung steht auch im September 2022 fast unverändert bei 109,5 Punkten (März 2022: 109,6 Punkte). Getragen wird der Index von den Digitalisierungsfortschritten in den Bereichen interne Prozesse (+3,1 Punkte) und Organisation (+2,0 Punkte), beides Hebel, mit denen die Kanzleien der hohen Arbeitslast zu begegnen suchen. Dabei zeigt sich, dass die Kanzleien, die beim Digitalisierungsindex sehr gut abschneiden (obere 30 Prozent), auch ihre wirtschaftliche Lage spürbar besser einschätzen als die übrigen Kanzleien.3

Betrachtet man die typische Steuerberatungskanzlei, bedeutet Digitalisierung einerseits die Unterstützung des Mandanten bei der Einführung von digitalen Prozessen und anderseits die Verbesserung von eigenen Prozessen. In diesem Zusammenhang ist es für uns und den Mandanten wichtig, diese Prozesse nachvollziehbar in Verfahrensdokumentationen abzubilden.

Bei der Verbesserung der Prozesse im eigenen Haus und beim Mandanten können die am Markt erhältlichen Programme und Apps sehr hilfreich für Sie sein. Um Ihnen interessante Möglichkeiten aufzuzeigen, stellen Ihnen einige unserer Kooperationspartner in diesem Magazin ihre Angebote und Lösungen vor.

 

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1 Büchel, Jan/Engels, Barbara, 2022, Digitalisierungsindex 2022. Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland, Kurzfassung der Ergebnisse des Digitalisierungsindex im Rahmen des Projekts „Entwicklung und Messung der Digitalisierung der Wirtschaft am Standort Deutschland“ im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Köln
www.datev.de/web/de/top-themen/steuerberater/weitere-themen/datev-branchenmonitor/datev-digitalisierungsindex/erlaeuterungen-zur-methodik/
www.datev.de/web/de/aktuelles/datev-branchenmonitor/datev-digitalisierungsindex/