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Bericht aus dem Präsidium
Dr. Jutta Fischer-Neuner: Unser neues Präsidiumsmitglied stellt sich vor
Bei der konstituierenden Sitzung des Vorstandes am 14.07.2020 wurde ich in das Präsidium gewählt und freue mich, dass ich hier die Gelegenheit habe, meine Vorstellungen von den Anforderungen an den Berufsstand und mich selbst vorzustellen.
1966 wurde ich in Nürnberg geboren und habe Nürnberg bis auf meine Studienjahre nicht verlassen. Als geborene Fränkin lebe ich sehr gern in der Stadt, die, wie ich finde, alles bietet, was eine Großstadt ausmacht, aber klein genug ist, um nicht die Nachteile eines Millionenzentrums zu haben.
Der Berufswunsch Steuerberaterin stand nach einem Praktikum in der Kanzlei meines Vaters fest. Es wird heute noch in der Familie berichtet, dass ich beim gemeinsamen Mittagessen die Begeisterung für die Zahlen und die Richtigkeit des Zahlenwerkes, auch Bilanz genannt, nicht für mich behalten konnte. Der Weg in den Beruf führte über ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Nürnberg und Innsbruck. In meiner Dissertation im Jahr 1999 beschäftigte ich mich mit den Entwicklungen im Berufsstand der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe. Einige Entwicklungen haben sich zu dem Zeitpunkt für mich bereits abgezeichnet, aber es gab auch Vorgänge, die sich 1999 keiner vorstellen konnte.
Früh habe ich erfahren, dass die Gemeinschaft mehr erreicht als ein Einzelner.
Daher war es für mich selbstverständlich, direkt nach dem Berufsexamen in unseren Verband einzutreten. Das ehrenamtliche Engagement habe ich aufgrund meines Interesses für die Berufsausbildung im Prüfungsausschuss für Steuerfachangestellte der Steuerberaterkammer Nürnberg begonnen. 2007 wurde ich in den Vorstand der Steuerberaterkammer Nürnberg gewählt. Das Interesse an Oldtimern und die Teilnahme an Oldtimer-Rallyes als Mitglied des ADAC Nordbayern führte 2015 zur Wahl zum Vorstand Finanzen des ADAC Nordbayern.
Auch heute noch ist für mich Steuerberaterin einer der schönsten Berufe!
Ich kann es förmlich sehen wie Sie, liebe Leser, jetzt das Gesicht verziehen, die einen mehr, die anderen weniger, je nachdem wie hoch bei Ihnen gerade die Frustration über Ihren Berufsalltag ist. Ja, uns werden von vielen Seiten Steine bei unserer Berufsausübung in den Weg gelegt. Der Verband hilft uns, sie auszuräumen.
Einer dieser Steine ist der Fachkräftemangel. Hier ist es wichtig, die Besonderheit und die Bedeutung unseres Berufes in das Blickfeld der Schulen zu stellen. Es muss uns gelingen, das Negativimage eines langweiligen Erbsenzählers zu verwandeln in eine spannende, nie langweilige, anspruchsvolle Aufgabenbewältigung. Hierzu trägt auch die Einstufung als systemrelevante Berufsgruppe im Rahmen des Corona-Lockdowns bei.
Der Verband bietet starke Unterstützung für ausbildende Kanzleien an. Sei es durch Kick-Off-Veranstaltungen zu Beginn der Ausbildung oder mit den Seminaren (Vor Ort und online) zu fast allen Steuerarten. Diese Unterstützung dient vor allem den kleinen Kanzleien bei der Suche und Ausbildung von Fachkräften. Im Herbst bietet der Verband die Zertifizierung zum Arbeitgebersiegel erstmalig an. Hierdurch können sich Kanzleien als gute Arbeitgeber auf dem Markt der Talente darstellen.
Ein durch Corona verstärkt ins Blickfeld gerückter Stein ist die Digitalisierung. Hier ist es Aufgabe des Verbands, den Steuerberatern die Angst vor der ungewohnten Technik zu nehmen und die Vorteile des Fortschritts deutlich zu machen. Dieser Aufgabe widmet sich der LSWB seit Jahren. Auch in meiner Kanzlei haben die coronabedingten Beeinträchtigungen zu einem rapiden Anstieg der „Digitalen Buchführungen“ geführt. Viele Mandanten wollten oder konnten nicht mehr wie gewohnt in die Kanzlei kommen und die Unterlagen abgeben. Dadurch wurde der bisherige Nachteil des Scannens von Belegen zu einem Vorteil und wir kamen fast mit dem Einrichten der digitalen Buchführungen nicht mehr nach. Die Digitalisierung reduziert die Fehleranfälligkeit durch Doppelerfassung oder manuelle Arbeitsschritte. In Verbindung mit dem Wissen der Mitarbeiter gelangten wir so zu einer hochwertigen digitalen Qualitätsbuchführung für unsere Mandanten. Voraussetzung hierzu war, dass sich die gesamte Kanzlei der Herausforderung stellte und bereit war, Neues zu lernen. Aber gerade das macht ja auch unseren Beruf so spannend.
Die Digitalisierung zeigt, dass neue Technologien zwar neue Chancen eröffnen – sie zu verwirklichen, bleibt jedoch die Aufgabe von Menschen. Die Zeit des Lockdowns und das vermehrte Arbeiten im Homeoffice hat verdeutlicht, dass sich auch der Führungsstil weiterentwickeln sollte. Diesen Gedanken greift das „Feelgood Management“ auf. Es vertritt die These: „Dort, wo Mitarbeiter als Menschen und Leistungsträger wertgeschätzt werden und sich mit Engagement einbringen können, wird hohe Wertschöpfung erreicht.“1 Dieser Gedanke entspricht der Zielsetzung des digitalen Wandels. „Feelgood-Management“ schafft ein neues Wir-Gefühl, die Lust an der Mitgestaltung und das passende Mindset: Wertschätzung, Vertrauen, Hilfe zu Selbsthilfe und Spaß. Ich plane, diesen Management-Ansatz verstärkt in meiner Kanzlei einzusetzen und meine Erfahrungen in die Verbandsarbeit einzubringen.
Ein Stein, der sich häufig als Fels darstellt, ist der Reibungsverlust, der bei der Erfüllung der steuerlichen Pflichten unserer Mandanten entsteht. Gemeinsame Herausforderung für Steuerpflichtige und Steuerverwaltung ist die „richtige“ Steuererklärung. Dieser Aufgabenstellung nähern wir uns von unterschiedlichen Standpunkten von Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen. Eine Aufgabe des Verbands ist die Einwirkung auf Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung, dass das Steuerrecht eine gerechte Besteuerung sicherstellt und zugleich, auch vom Zeitaufwand her, durch die Steuerpflichtigen und ihre Berater beherrschbar bleibt. Der Weg zur „richtigen“ Steuererklärung darf nicht zur Stolperfalle werden. Dazu bedarf es der Einwirkung auf die nationalen und internationalen Steuergesetzgeber und Steuerverwaltungen.
Gerade kleinen bis mittleren Kanzleien hilft der Verband mit der Telefonhotline zur Fachberatung bei der Beurteilung komplexer Sachverhalte und deren steuerlicher Würdigung. In Seminaren des LSWB werden für Berufsangehörige und Mitarbeiter Spezialthemen behandelt.
Die Notwendigkeit, unsere Mandanten bei betriebswirtschaftlichen Fragestellungen zu unterstützen, bleibt. Die Corona-Epidemie hat gezeigt, wie wichtig die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit von Unternehmen ist. Hierzu benötigen wir die Planungsinstrumente der Betriebswirtschaftslehre. Aber auch der Bedarf, durch die Anwendung von Corporate-Governance-Methoden Tax-Compliance sicherzustellen, wird zunehmen.
Die Anforderungen an den Berufsstand werden komplexer. Zeigen aber auch, dass die Attraktivität des Steuerberaterberufes zunimmt und das Interesse Jugendlicher wecken sollte, denn Steuerberater ist der schönste Beruf.
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1 Monika Kraus-Wildesser: Feelgood Management, Metropolitan Verlag, Regensburg, 2019