Bericht aus dem Präsidium

Bericht aus dem Präsidium

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Jahreswechsel ist ein guter Anlass, 2016 Revue passieren zu lassen, aber auch, um nach vorne zu blicken. Hierzu gehört auch, die alles dominierende Frage zu stellen: „Wohin geht’s mit unserem Berufsstand?“

Wir alle beobachten, dass die Digitalisierung unsere Tätigkeit und das Management unserer Kanzleien verändert. Über die softwareseitigen Fragestellungen, die sich hieraus ergeben, haben wir als Verband in diesem Jahr viel mit Ihnen diskutiert. Unsere Digitalisierungsveranstaltungen sind zum Erfolgsmodell geworden, das mittlerweile von anderen Landesverbänden adaptiert wird. Auch die regionalen Informationsveranstaltungen, die Datev und LSWB gemeinsam veranstaltet haben, wurden sehr gut angenommen.

Ganze Bücher lassen sich über die Digitalisierung und ihre Herausforderung schreiben. Ich möchte aber gerne zwei Aspekte hervorheben, die meiner Meinung nach bislang nicht ausreichend gewürdigt werden.

Da ist zum einen die personelle Dimension der Digitalisierung. Der technische Fortschritt verändert das Anforderungsprofil an unsere Mitarbeiter. Wir stehen vor dem zweifachen Dilemma, dass der demografische Wandel die Mitarbeitersuche ohnehin schwierig gestaltet. Die digitale Revolution und die steigende, ja absurd ausufernde Komplexität unserer Arbeit (Gesetzesflut, überbordende Verwaltungsvorschriften,Bürokratiewucherung) machen die Akquise von Fachkräften schließlich zur sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Der Allrounder wird immer öfter an Grenzen stoßen und die Hilfe des Experten oder neuerdings auch des Kooperationspartners suchen. Der Kanzleimitarbeiter der Zukunft ist daher IT-affin, Spezialist in seinem spezifischen Fachbereich und als Teamplayer bereit, seine Kenntnisse zu teilen.

Wissen einzukaufen, ist allerdings teuer. Kanzleiinhaber müssen daher zum einen ihre Mitarbeiter immer gezielter in die Richtung entwickeln, in der sie diese brauchen. Sie werden Manager des Expertenwissens beziehungsweise der Kompetenzträger in der Kanzlei. Zum anderen müssen sie ihre Angestellten auch halten. Einen Spezialisten zu verlieren – sei es an die Konkurrenz oder weil sich in der Kanzlei Kind und Karriere nicht in Einklang bringen lassen – wird noch schmerzhafter sein als es heute schon ist.

Die Digitalisierung hat ferner eine berufspolitische Komponente: Wir müssen als Berufsstand aktiv und noch entschlossener bei der Softwareentwicklung mitwirken. Wenn ich hier „wir“ sage, dann meine ich nicht allein den Verband und seine Ehrenamtsträger, sondern uns alle.

Die EDV-Arbeitskreise sind gut mit den Softwareanbietern vernetzt und befinden sich im konstruktiven Dialog. Dennoch sind auch Sie gefordert: Bringen Sie Ihre Praxiserfahrung und Visionen ein. Sprechen Sie beispielsweise mit Ihren gewählten Kollegenvertretern in der Datev. Oder suchen Sie das persönliche Gespräch mit Vertretern Ihres Softwareanbieters. Nur so können wir die praxisorientierten, maßgeschneiderten Programme erhalten, die wir für die Bewältigung des digitalen Wandels in unseren mittelständischen Kanzleien benötigen.

Die "Kanzlei 4.0" ist nicht etwa ein Zukunftsperspektive, sondern unsere Gegenwart. Für jeden einzelnen von uns ist es eine große, kontinuierliche Herausforderung, mit dem technischen Fortschritt und seinen softwareseitigen, personellen und berufspolitischen Konsequenzen Schritt zu halten. Engagieren wir uns also heute, solange wir gestalten können, und nicht morgen, wenn wir Getriebene sind.

Bitte gönnen Sie sich aber zuvor und während der Festtage ein wenig Ruhe, auch etwas Muße zum Nachdenken über „Steuerberatung 2017ff“. Im nächsten Jahr können wir dann gemeinsam noch entschiedener die Herausforderungen der Zukunft anpacken. Ich wünsche uns allen eine ersprießliche kollegiale Zusammenarbeit. Ihnen und Ihren Familien ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.

Ihr

Manfred F. Klar