Bericht aus dem Präsidium
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
am 19. Juli durfte ich zum ersten Mal die Mitglieder des LSWB in neuer Funktion als Verbandspräsident auf der jährlichen Mitgliederversammlung begrüßen. Damit endete ein spannendes Jahr, das im Juli 2015 mit meiner Wahl begonnen hatte. Doch 2015 war auch für den LSWB ein überaus ereignisreiches Jahr. Wir haben wichtige Schritte unternommen, um die Zukunftsfähigkeit des Verbands zu erhalten und weiter auszubauen:
- Wir haben die Akademie mit einem innovativen Internetauftritt ausgestattet, der es uns ermöglicht, zahlreiche Arbeitsprozesse in unserer Fort- und Weiterbildungssparte Schritt für Schritt zu digitalisieren. Auch Sie profitieren von zahlreichen neuen Komfortfunktionen, die mit Ihrem Mitglieder-Account verbunden sind.
- Wir stärken sukzessive unsere Öffentlichkeitsarbeit und Interessenvertretung, zum Beispiel durch den Relaunch unseres Verbandsmagazins, aber auch die zunehmende Professionalisierung unserer politischen Arbeit.
- Im Webangebot LSWB-KanzleiPlus bündeln wir erstmals alle unsere Kooperations- und Mehrwertleistungen unter einer eigenen (Dach-)Marke. Wir möchten hierdurch die zahlreichen Vorteile der Verbandsmitgliedschaft transparenter darstellen.
- Mit der Verbandszertifizierung „SmartQuality“ bieten wir unseren Mitgliedern erstmals die Möglichkeit, von Profis begleitet ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9100 aufzubauen und im Verbund mit anderen Steuerberaterkanzleien voneinander zu lernen.
- Und natürlich stärken wir unsere finanzielle Basis als Grundlage nachhaltigen Erfolgs. Gerne verweise ich hier auf den Bericht aus dem Präsidium in der letzten Ausgabe (3/2016) des LSWB-Magazins, den unser Schatzmeister Andreas Huber verfasst hat.
Beides: Ein starkes wirtschaftliches Fundament und ein entschiedenes Eintreten für unsere Interessen halte ich für unabdingbar, damit der Verband Sie auch in Zukunft unterstützen kann. Denn die Rahmenbedingungen, unter denen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ihrer Arbeit nachgehen, verändern sich rasant.
Herausforderungen der Zukunft
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle nur vier Faktoren nennen, die unsere Arbeit prägen werden: der demografische Wandel, die Digitalisierung, die fortschreitende Bürokratisierung und das Thema Deregulierung.
Der demografische Wandel wird die Kanzleien in vielen Strukturen treffen und die Anforderungen, die Sie als Mitglieder an den Verband haben, beeinflussen: Wir werden für Berufsträger Programme auflegen müssen, um ältere Kollegen länger und gesünder im Beruf zu halten. Und wir müssen den Steuerberater- und Mitarbeiternachwuchs motivieren, den Beruf zu ergreifen. Bei beiden strategischen Großprojekten können Sie auf unsere Unterstützung zählen.
Die Digitalisierung bietet für unseren Berufsstand nicht nur Risiken, sondern vor allem Chancen. Wahr ist: Die Digitalisierung wird bisherige Arbeitsschwerpunkte neu definieren. Die Finanz- und Lohnbuchhaltung wird es beispielsweise in den Kanzleien nicht mehr so geben, wie wir sie kennen. Gleichzeitig steigen die Kosten für IT-Infrastruktur, Sicherheit und Software. Die Erschließung neuer Geschäftsfelder wie die betriebswirtschaftliche Beratung und die Zukunftsberatung, etwa Nachfolgeplanung, Unternehmensplanung, Investitions- und Finanzierungsberatung wird daher notwendig. Moderne IT-Technik kann uns hierbei helfen. Wenn wir ohnehin die Unternehmensdaten unserer Mandanten bei uns haben: Warum diese nicht zum Wohle des Mandanten nutzen – als sein persönlicher ganzheitlicher Berater? Die Technik kann uns außerdem helfen, Ressourcen einzusparen oder Zeit zu gewinnen. Diese Freiräume können wir dann nutzen, um unsere Mandanten noch besser zu betreuen.
Der LSWB hat kürzlich gemeinsam mit der Steuerberaterkammer München und der Datev eine Initiative ins Leben gerufen, um Kanzleien an das Thema Digitalisierung heranzuführen, die der Entwicklung bislang skeptisch gegenüberstanden. Die Auftaktveranstaltung in München war sehr gut besucht. Wir sehen also, dass das Thema einen Nerv trifft.
Mit Sorge betrachte ich die steigende Bürokratisierung unserer Tätigkeit. Mir fehlt die Fantasie dazu, mir vorzustellen, dass der Gesetzgeber mit dem Trend der letzten Jahre bricht und auf einmal klar umrissene, widerspruchsfreie Gesetze beschließt. So erscheint mir das zweite Bürokratieabbaugesetz aus Berufsstandssicht eher als Bürokratieaufbaugesetz. Ähnlich verhält sich mit der E-Bilanz für Banken ELBA, die 2017 eingeführt werden soll. Auch diese könnte vor allem neue Belastungen, Pflichten und Haftungsrisiken für uns bedeuten.
Hier möchte ich klarstellen, dass sich der LSWB entschieden gegen jedes neue Gesetz und jede Verordnung stellt, die bürokratische Entlastung einseitig aufseiten der Verwaltung oder von Banken anstrebt. Wir und unsere Mandanten müssen gleichermaßen vom Bürokratieabbau profitieren. Ein weiteres Verlagern von Aufgaben der Finanzverwaltung hin zum Steuerpflichtigen und damit zu unseren Kanzleien darf es nicht geben. Wir sind nicht verantwortlich für eine unzureichende Personalpolitik und mangelnde IT-Fähigkeiten der Verwaltung. Steuerberater sind Organ der Steuerrechtspflege.
Eine weitere Herausforderung für Berufsstand und Verbanddürfte weiterhin das Thema Deregulierung sein. Die schlimmsten Auswüchse der Dienstleistungsrichtlinie konnten wir durch unsere Interessenvertretung gemeinsam mit dem DStV, den Steuerberaterkammern, der bayerischen Staats- sowie der Bundesregierung verhindern. Wir müssen sehr genau beobachten, welche Pläne Brüssel in Zukunft in diesem Bereich verfolgen wird.
Interessenvertretung wichtiger denn je
Hier schließt sich der Kreis: Interessenvertretung war nie so wichtig wie heute. Ich sehe den LSWB als Teil der deutschen Steuerberater- und Wirtschaftsprüferorganisation sowohl in Berlin als auch in Brüssel gut aufgestellt. Die neu gegründete ETAF vertritt bei der EU die Interessen europäischer Steuerberater in kleinen und mittleren Kanzleien. Sie hat im vergangenen Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Unser Mitglied Hans-Joachim Oettinger arbeitet bereits erfolgreich in der „Plattform der EU-Kommission für verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen“ mit.
Die EFAA wiederum setzt sich in Brüssel für die Belange mittelständischer Wirtschaftsprüfer ein. Auch dieser Verband gewann 2015 an programmatischer und organisatorischer Schlagkraft: auch dank des persönlichen Engagements seines Präsidenten, unserem Mitglied Bodo Richardt. Nicht zuletzt ist der neu aufgestellte Bundesverband Freier Berufe sowohl in Berlin wie auch in Brüssel mit gewachsenem Selbstbewusstsein aktiv.
Ganz besonders möchte ich in diesem Zusammenhang die Arbeit unseres Bundesverbands hervorheben, in dessen Präsidium ich mitarbeiten darf. Der DStV steigerte in den letzten Jahren nachhaltig sein Ansehen als Ansprechpartner der Politik in Berlin. Das spürt man in der täglichen Arbeit.
Beim Kassengesetz konnten wir erhebliche Erleichterungen für unsere Mandanten durchsetzen – besonders, was die Fristen der Umsetzung betrifft. Auch beim Thema Automatisierter Datenaustausch glauben wir, gemeinsam mit der Bundesregierung eine Mandantenund datenschutzfreundliche Lösung zum Gesetzesentwurf finden zu können.
Zeitgemäße Strukturen sichern Zukunftsfähigkeit
Auf der Mitgliederversammlung haben wir auch diskutiert, wie nachhaltige und zukunftssichere Strukturen für den Verband aussehen können. Die Mitglieder haben einstimmig dem Vorschlag des Vorstands für Anpassungen in Satzung, Wahl- und Geschäftsordnung zugestimmt. Die wichtigste Änderung, die noch einer Zustimmung der Bezirke bedarf, ist die Abschaffung der Bezirksvorstände. Dies bedeutet keineswegs ein Schwächung der Bezirke, sondern eine institutionelle Stärkung der Zweigstellen und ihrer Leiter und damit der Regionen. Wir übertragen eine seit Jahren gelebte Praxis in die Satzungswirklichkeit. Die genauen Änderungen finden Sie im Mitgliederbereich des LSWB-Webauftritts unter der Rubrik „Mitgliederversammlung 2016“.
Zudem haben wir auf der Mitgliederversammlung über den Antrag eines Mitglieds diskutiert. Dieser sah vor, Briefwahl und Vertreterwahl im LSWB zu etablieren. Dem berechtigten Interesse, mehr Mitgliedern zur Nutzung ihres Wahlrechts zu verhelfen, standen allerdings gewichtige Argumente entgegen, wie die lebhafte Diskussion unserer Mitglieder zeigte: So kann die Ernennung von Wahlvertretern die Freiheit der Wahlausübung bedrohen und eine Stärkung größerer Einheiten beziehungsweise eine Schwächung der kleinen Kanzleien zur Folge haben. Die einhellige Meinung war daher, am Prinzip „Ein Mann – eine Stimme“ nicht zu rütteln.
Gegen die Briefwahl spricht, dass diese das Auszählen der Stimmen erheblich verzögert. Mitgliederversammlungen würden hierdurch besonders in Wahljahren zu sehr langwierigen Veranstaltung – eine Teilnahme schlichtweg unattraktiv.
Die langfristige Folge wäre, dass die Mitgliederversammlung Ihre Bedeutung als Ort der demokratischen Meinungsbildung im Verband verliert. Die Beteiligung der Mitglieder an der Willensbildung würde nicht gestärkt, sondern geschwächt. Die anwesenden Mitglieder haben sich daher am Ende der Diskussion einstimmig für eine Beibehaltung des Modus vivendi ausgesprochen. Die Mitgliederversammlung für interessierte Mitglieder hat Vorrang in der jetzigen Satzungsstruktur.
Aus meiner persönlichen Sicht spricht noch ein weiterer Punkt gegen die Veränderung unserer Wahlmodi: Ich glaube, dass ein Verband sehr vom persönlichen Engagement und Austausch lebt. Vertrauensdelegation durch Briefwahlen kann auf der Ebene der großen Politik oder aber bei unserer berufsständischen Genossenschaft sinnvoll sein. Im Verband führt sie dagegen zu Unverbindlichkeit, Austauschbarkeit und Anonymisierung.
Auch wenn der Antrag unseres Mitglieds abgelehnt wurde, bewerte ich ihn als ein Zeichen der gelebten Demokratie in unserem Verband. Ich möchte Sie daher ermuntern, sich bei uns ebenfalls zu engagieren – als Ehrenamtsträger, Teilnehmer unserer Mitgliederversammlung, als engagiertes Mitglied und zuweilen auch als konstruktiver Kritiker.
Kommen Sie auf uns oder unsere Geschäftsstellenmitarbeiter zu, wenn Ihnen etwas auf dem Herzen liegt. Wenn Sie Vorschläge für Dienstleistungen oder Fortbildungen oder Satzungsänderungen haben – im Verband profitieren wir davon, miteinander und voneinander zu lernen. Das gilt heute und in Zukunft.