DStV-Positionen zur Bundestagswahl 2017

DStV-Positionen zur Bundestagswahl 2017

Ein stabiles und praxisgerechtes Steuersystem bildet die Grundlage, um Investitionen zu tätigen oder wichtige persönliche Entscheidungen zu treffen. Der Staat ist daher verpflichtet, mithilfe des Steuerrechts entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Ungeachtet dessen ist in Zeiten von Schuldenbremse, Flüchtlingskrise und Währungsturbulenzen der Gestaltungsspielraum der Politik eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund hat der DStV gemeinsam mit den Kollegialverbänden für die 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags folgende fünf politische Forderungen ausgearbeitet:

Erhalt der Abgeltungsteuer bis zu einem nachweislich wirksamen automatischen Informationsaustausch

Die Diskussion um eine Abschaffung der Abgeltungsteuer ist in vollem Gange. Politische Begründung: Mit Einführung des internationalen automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen verliere die Abgeltungsteuer ihre ursprüngliche Zielsetzung, nämlich die Eindämmung der Steuerflucht. Die Abgeltungsteuer ist jedoch besser als ihr Ruf.

Zum einen weil der Satz „Besser 25 Prozent auf X, statt 42 Prozent auf nix“ nach wie vor aktuell ist. Zudem schafft die Abgeltungswirkung als Quellensteuer eine Steuervereinfachung. Ferner greift die immer wieder vorgebrachte Aussage „Die Abgeltungsteuer bewirkt eine steuerliche Ungleichbehandlung von Kapital und Arbeit“ zu kurz. Einkünfte aus Dividenden unterliegen zweifach der Besteuerung – auf Unternehmens- und Anteilseignerseite. Die Gesamtbelastung aus Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Abgeltungsteuer beläuft sich auf über 48 Prozent.

Der DStV fordert daher den Erhalt der Abgeltungsteuer bis zu einem nachweislich wirksamen internationalen automatischen Informationsaustausch.

Keine überschießende Anzeigepflicht von Steuergestaltungsmodellen

Das Thema Anzeigepflicht ist politisch en vogue: Die OECD verfolgt Berichtspflichten im Zuge des BEPS-Projekts. Die EU-Kommission startete eine öffentliche Konsultation zur Planung weiterer Schritte. Und auch national rückt das Thema in den politischen Fokus. Diese Reaktionen sind nachzuvollziehen, da Steuersparmodelle wie Cum-Ex oder Steuervermeidungskonzepte à la Apple oder Google die Gleichmäßigkeit der Besteuerung beeinträchtigen.

Wir Steuerberater warnen dennoch vor einem Generalverdacht. Über 99,9 Prozent der Steuerpflichtigen und ihrer Berater sind nicht in kritische Modelle involviert. Selbst die größten Befürworter von Anzeigepflichten können bisher keinen substanziellen Beleg dafür vorlegen, dass deren Einführung Steuerumgehungen verhindert. Darüber hinaus ist es prinzipiell Aufgabe des Gesetzgebers, für qualitativ einwandfreie Gesetze zu sorgen, die keine Gestaltungslücken zulassen. Solange sich ein Steuerpflichtiger an die Gesetze hält, ist sein Verhalten legal und auch legitim. Eine Anzeigepflicht für explizit vom Gesetzgeber geförderte Gestaltungen wäre bizarr. Und nicht zuletzt hat die Finanzverwaltung bereits heute Werkzeuge wie Betriebsprüfungen oder Nachschauen, um unerwünschte Gestaltungsmodelle aufzuspüren. Die so erlangten Informationen sollten effektiver ausgewertet werden.

Der DStV lehnt daher eine weitreichende Anzeigepflicht strikt ab. Soweit die gegenwärtigen Bestrebungen weiter verfolgt werden, muss beachtet werden:

  • Die Anzeigepflicht darf nur an objektiv überprüfbare Kriterien anknüpfen.
  • Als fairer Verfahrensausgleich muss dem Steuerpflichtigen eine verbindliche Rückmeldung über die steuerliche Zulässigkeit des gemeldeten Modells gegeben werden.
  • Das durch die Anzeigepflicht generierte Volumen an Informationen muss für die Finanzverwaltung administrierbar sein.

Realitätsgerechte Anpassung der Zinssätze im Steuerrecht

Trotz andauernder Niedrigzinsphase verharren die Zinsen im Steuerrecht bei 6 Prozent pro Jahr. Der Steuerzins ist somit weit davon entfernt, ein geglätteter Normalzins zu sein. Aus Sicht der Beratungspraxis sind deshalb insbesondere zwei Normengebiete dringend anzugehen: Die Verzinsung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis und der Abzinsungssatz zur Bewertung von Pensionsrückstellungen!

Gerade kleine und mittlere Unternehmen trifft die marktferne steuerliche Zinshöhe hart: Sie werden nicht dauerhaft vom Finanzamt geprüft, wie es für Großbetriebe vorgesehen ist. Die Betriebsprüfung tritt bei ihnen erst Jahre später und unvorhersehbar ein. Eine entsprechend zeitverzögert festgestellte Steuerlast unterliegt automatisch der Verzinsung von 6 Prozent. Das macht ihnen eine solide Finanzplanung unmöglich. Der DStV fordert deswegen, dass der Gesetzgeber die Zinshöhe im Verfahrensrecht (§ 238 AO) zumindest temporär an die andauernde Niedrigzinsphase anpasst.

Zudem sprechen sich die deutschen Steuerberater für eine realitätsgerechte Bewertung von Pensionsrückstellungen aus. Denn der steuerliche fixe Abzinsungssatz von 6 Prozent hat verheerende Praxiskonsequenzen: Pensionsrückstellungen werden unrealistisch niedrig bewertet mit der Folge, dass die Versorgungszusage zu niedrig ausgewiesen wird. Hieraus resultiert ein höherer Gewinn, der von Unternehmen zu versteuern ist. Diese Mittel fehlen später im Versorgungsfall. Der DStV fordert deswegen, dass der steuerliche Abzinsungssatz i. S. d. § 6a EStG von derzeit 6 Prozent an das derzeitige Zinsniveau angepasst wird.

Praxisgerechte Definition der Aufgabenbereiche von Steuerberatern

Zu den klassischen Tätigkeiten der Steuerberater gehört unter anderem die Lohnbuchhaltung für die Mandanten, die Erstellung der Abrechnungen, die kontinuierliche Betreuung der hinterlegten Personalstammdaten sowie der Jahreslohnkonten und die Einhaltung der vorgeschriebenen Meldeerfordernisse gegenüber Krankenkassen und Finanzämtern. Eine besondere Bedeutung kommt daneben auch der Prüfung sozialversicherungsrechtlicher Fragen zu. Viele Mandanten erwarten von ihren Steuerberatern außerdem die Klärung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens einer Scheinselbstständigkeit.

Was die Erledigung der beschriebenen Aufgaben für die Mandanten angeht, ist die derzeitige rechtliche Lage unbefriedigend und nicht praxisgerecht. Exemplarisch hinzuweisen ist auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Frage der Vertretungsbefugnis von Steuerberatern im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV. Das BSG vertritt hierzu die Auffassung, dass Steuerberater nicht befugt sein sollen, Mandanten, die sie auch steuerlich betreuen, im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens zu vertreten.

Nach Überzeugung des DStV entspricht die Entscheidung nicht der vom Gesetzgeber mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) beabsichtigten und geschaffenen Rechtslage. Mit Blick auf die Aufgaben, die heute typischerweise durch Steuerberater im Rahmen der Lohnbuchführung erledigt werden, ist nach Ansicht des DStV eine grundsätzliche Klarstellung des Gesetzgebers zu den Kompetenzen der Steuerberater dringend erforderlich.

Sicherung der Qualität der Steuerberatung auch auf Europäischer Ebene

Die Europäische Kommission sieht Regulierungen von Berufsgruppen als Hindernis für den Binnenmarkt an. Daraus resultieren regelmäßig Forderungen nach dem Abbau von Berufsregeln. Die Argumentationen der EU-Kommission für Deregulierungsmaßnahmen erfolgen einseitig im Sinne geringerer Preise, höheren Konsums und angeblich besserer Beschäftigung. Berufliche Regeln für Steuerberater erfüllen aber eine wichtige Funktion bei der Sicherung des Verbraucherschutzes, der Dienstleitungsqualität sowie der Sicherstellung eines funktionierenden Steuersystems. Diese positiven Effekte müssen gegen einen möglichen ökonomischen Effekt von Deregulierungsmaßnahmen aufgewogen werden.

Zur Stärkung des Binnenmarkts möchte die EU-Kommission ferner Hemmnisse grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung und der Niederlassung in anderen Mitgliedsstaaten abbauen. In der Steuerberatung bedeutet dies, dass Personen und Gesellschaften ohne Nachweis der Kenntnis des deutschen Rechts beratend tätig sein dürften. Dies birgt Steuerausfallrisiken für den Staat und Nachzahlungs-, Zins- und strafrechtliche Risiken für den Steuerpflichtigen.

Der DStV fordert daher, dass den Deregulierungsbestrebungen der Europäischen Kommission im Berufsrecht der Steuerberater entgegengetreten wird.

Der Artikel ist eine gekürzte Version der DStV-Broschüre „DStV-Positionen zur Bundestagswahl 2017“, die Sie unter www.lswb.bayern/Positionen zum Download finden.