LSWB-Präsident Manfred F. Klar als Panelleiter
Glück auf Digitalisierung
Auf dem Deutschen Steuerberatertag in Dresden diskutierten 1.500 Teilnehmer, wie die Branche Digitalisierung für sich nutzen kann
Vom 9. bis 11. Oktober fand in Dresden der 39. DeutscheSteuerberatertag des DStV statt. 1.500 Teilnehmer aus Berufsstand, Politik, Richterschaft, Finanzverwaltung und Wissenschaft zog es zum Branchen-Stelldichein, das dieses Jahr unter dem Motto „Chancen und Risiken der Digitalisierung“ stand.
DStV-Präsident Harald Elster wählte für seine Eröffnungsrede klare Worte: „Wir sind nicht die Reparaturabteilung des Gesetzgebers!“ Er reagierte damit auf die jüngsten Überlegungen des Bundesfinanzministeriums (BMF), eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle in Deutschland einzuführen. Elster zeigte die verheerenden Praxiskonsequenzen auf: „Sollen wir uns etwa permanent fragen: Muss ich diese Beratung jetzt anzeigen?“ Bei den Überlegungen werde zudem völlig übersehen, dass Steuerberater dem Mandanten die beste legale Lösung aufzeigen müssten. Andernfalls drohe die Haftungsfalle. „Über 99 Prozent der Steuerberater sind nicht in kritische Steuersparmodelle involviert. Unangemessenes Verhalten einzelner darf nicht einen ganzen Berufsstand lahmlegen!“, mahnte er in Richtung Gesetzgeber.
Keine generelle Registrierkassenpflicht
Ein umstrittenes Thema sprach der DStV-Präsident auch mit seinen Worten zum sogenannten Kassengesetz an. Manipulationen an den digitalen Kassenaufzeichnungen seien vielfältig. Die geplanten Neuregelungen gewährleisten laut Elster die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und leisten einen Beitrag zur Steuergerechtigkeit.
Die heftig diskutierte generelle Registrierkassenpflicht sieht Elster jedoch mit Blick auf Österreich und den dortigen 67-seitigen Ausnahmenkatalog als problematisch an: Die politischen Fronten seien in diesem Punkt bereits so sehr verhärtet, dass der Bundestagsbeschluss über das Gesetz auch scheitern könnte. „Damit wäre die Chance für mehr Rechtssicherheit vertan“, so Elster. Der Berufsstand stünde weiterhin vor erheblichen Beratungsrisiken, insbesondere bei bargeldintensiven Branchen.
Einer verlässlichen und rechtssicheren Beratung laufen auch die wiederholten Initiativen der Europäischen Kommission zur Deregulierung der Freien Berufe zuwider: Zum jetzigen Zeitpunkt verfolgten die Binnenmarkt- und die Steuerkommission verschiedene Ziele, so Elster. Um den Binnenmarkt zu stärken und das Wirtschaftswachstum anzuregen, sollten möglichst viele berufliche Regelungen abgeschafft oder aufgeweicht werden. „Im Kampf gegen Steuervermeidung und Gewinnverlagerung plant die Kommission dagegen, Steuerberater europaweit stärker zu regulieren.“ Mit einem konkreten regulatorischen Rahmen sollen Steuerberater zu gesetzeskonformen Handeln angehalten werden. Elster betonte, dass das in Deutschland schon seit Jahrzehnten im Berufsrecht verankert sei.
Nach Meinung Elsters solle die Europäische Kommission sich bei ihren Vorhaben nicht durch ideologische Ansätze zu stärkerem Wirtschaftswachstum leiten lassen: „Die berufliche Regulierung von Steuerberatern liefert einen wichtigen Beitrag zur besseren Entwicklung der Unternehmen und zur Sicherung des Steueraufkommens“, so Elster. Gerade der letztgenannte Aspekt sollte in der BEPS-Diskussion stärker Berücksichtigung finden, denn regulierte Steuerberater seien nicht Teil der internationalen Steuervermeidungsindustrie.
Im Anschluss an Elsters Rede skizzierte Sachsens Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland die fiskalischen Herausforderungen des Freistaats. Zwar stehe sein Land derzeit sehr solide da, aber immer noch stammen rund 50 Prozent der Haushaltsmittel nicht aus eigenem Steueraufkommen. Länderfinanzausgleichs, des Bundes und der EU. Darüber hinaus gebe es nach wiem vor eine große Lücke in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Sachsens im Vergleich zu den westlichen Bundesländern. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sei dies sehr bedenklich. Er mahnte an, dass die Politik sich heute Gedanken darüber machen sollte, wie der „starke Staat“ der Zukunft aussehen müsste und wie dieser finanziert werden soll.
Digitalisierung nicht verschlafen
Zum Hauptthema seiner Tagung hat der DStV den Megatrend Digitalisierung gemacht. Als Experten zu diesem Thema hat der Verband Karl-Heinz Land gewonnen. Der Inhaber der Beratungsagentur Neuland bezeichnet sich selbst als digitalen Darwinisten. In seinem Vortrag erklärte er, wie die Digitalisierung das Prinzip des „Survival of the fittest“ im Wirtschaftsleben forcieren wird. So zeigte er auf, wie neue Technologien, zum Beispiel das Smartphone (existiert seit acht Jahren), und Unternehmen wie Tesla (Gründung 2003), AirBNB (Gründung 2008) und Uber (Gründung 2009) etablierte Anbieter herausfordern. Insbesondere Deutschlands Wirtschaftsmodell sei bedroht, habe die Bundesrepublik doch gerade einmal zwei Software-Unternehmen mit Weltgeltung.
Sein Plädoyer: „Wir alle müssen mehr in Software- und Serviceketten denken und neue Dienstleistungen erfinden“. Was er damit meinte, verdeutlichte er am Beispiel des Produkts Kaffee: Für ein Pfund Kaffee könne man im Supermarkt 7 Euro verlangen oder wie Nespresso eine Marketing und Servicewelt drumherum aufbauen. Der Effekt: Die Kunden seien bereit, für dasselbe Produkt 70 Euro zu bezahlen.
Was das für die Steuerberaterbranche heißt, fasste Harald Elster zusammen: „Heute ist es nicht mehr ausreichend, dass Steuerberater sich allein als Steuerfachleute sehen. Unsere Mandanten erwarten von uns deutlich mehr, auch in Fragen der Digitalisierung!“
Mandanten wünschen neben der steuerlichen Beratung von ihrem Steuerberater auch die betriebswirtschaftliche Expertise. In diesem Kontext, so Elster, seien Steuerberater die richtigen Partner, um ihren Mandanten ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, was die fortschreitende Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen bedeute. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten Unternehmensziele permanent nach den Kundenbedürfnissen ausgerichtet werden. Elster mahnte mit Blick auf den eigenen Berufsstand: „Wer sich heute einfach auf dem Erreichten ausruht, kann als Unternehmer bereits morgen von der Entwicklung abgehängt sein“.