Foto: nmann77/adobe stock

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Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Speisen auf einheitlich 7 %

Eine fachliche Bewertung des LSWB-Experten für Hotellerie und Gastronomie

Von Dr. Peter Leidel, WP, StB, RB

Seit Einführung der Mehrwertsteuer vor mehr als 50 Jahren wird zwischen dem regulären Steuersatz und einem ermäßigten Steuersatz unterschieden. In der Gastronomie unterliegen Speisen zum Mitnehmen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, während Speisen, die im Lokal konsumiert werden, mit dem allgemeinen Steuersatz von 19 % besteuert werden. Generell muss das System der Steuervergünstigungen überdacht und angepasst werden.

Der gespaltene Mehrwertsteuersatz ist an einigen Stellen sozialpolitisch fragwürdig, wenn z. B. Tiernahrung (Kapitel 23 Zolltarif) dem ermäßigten Steuersatz, aber Kindernahrung (Kapitel 19 Zolltarif) dem vollen Mehrwertsteuersatz unterliegt. Insbesondere jedoch verursacht die richtige umsatzsteuerliche Einordnung der Lieferung mancher Speisen und Getränke erheblichen Verwaltungsaufwand bei Gastronomen, Steuerberatern, Steuerverwaltung und Steuergerichten. So ist z. B. ein Cappuccino „to go“ mit einem (Kuh-)Milchanteil von mindestens 75 % mit 7 % und im Übrigen mit 19 % Umsatzsteuer zu versteuern.

Umsatzsteuerliche Abgrenzungsprobleme

Lebensmittel-„Lieferungen“, die „an Ort und Stelle verzehrt“ werden, unterliegen dem vollen Steuersatz mit 19 %, da sie nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als Dienstleistung und nicht als Warenlieferung gewertet werden. Auch hierbei sind die Grenzen fließend. Werden Speisen an Imbissständen mit Verzehrtheke und im Kinofoyer zum sofortigen Verzehr angeboten, werden nur 7 % Mehrwertsteuer fällig, es steht dann die Lieferung der Speisen im Vordergrund. Die Komplexität der Zubereitung (Standardspeise oder qualitativ hochwertiges Produkt) ist für den Steuersatz ohne Belang.

Steht im Imbissstand, einer Bäckerei- oder Metzgereifiliale etc. dagegen eine Sitzgelegenheit zur Verfügung oder stellt der Imbissstand (umweltfreundlich) Geschirr und Besteck zur Verfügung, das er wieder reinigt, liegt eine sogenannte „Restaurantleistung“ vor, die mit 19 % zu versteuern ist.

Liefert ein Partyservice nur die zubereiteten Speisen an, entstehen 7 % Mehrwertsteuer, serviert er auch, stellt Geschirr und reinigt es, werden 19 % fällig. Entsprechende Abgrenzungsschwierigkeiten gibt es ebenso beim Schulessen oder Kantinenessen.

Bietet ein Hotel Übernachtung mit Frühstück oder Halb-/Voll-Pension an, ist der Anteil der Speisen aus dem pauschalen Preis des Hotels herauszurechnen und mit 19 % zu versteuern.

Einheitlicher Mehrwertsteuersatz setzt Ressourcen frei

Diese Beispiele mögen zeigen, welche Abgrenzungsschwierigkeiten und welcher Verwaltungsaufwand auch in der Hotellerie und Gastronomie durch den gespaltenen Mehrwertsteuersatz bestehen. Ein Wegfall dieser Differenzierung würde sowohl bei den gastronomischen Betrieben als auch bei deren steuerlichen Beratern und bei der Finanzverwaltung zu einer deutlichen Arbeitserleichterung führen. Es müsste nicht mehr unterschieden werden zwischen In- und Außerhaus-Verkauf. Der umweltschädliche „coffee to go“ wäre genauso wenig umsatzsteuerlich privilegiert, wie das in Tüten und Warmhaltefolien verpackte Fastfood.

Es gäbe keine Abgrenzungsprobleme mehr bei Grenzfällen (Würstlstand mit Sitzgelegenheiten, Bäckerei mit Stehtisch und Sitzbank, Currywurststand in der Nähe eines Biergartens etc.).

Auch bei Betriebsprüfungen in der Hotellerie und Gastronomie sind die Abgrenzungen zwischen 7- und 19-prozentigen Umsätzen ganz zentrale Streitpunkte. Bei einem Wegfall der Differenzierung würden in der Folge geringere Rechtsverfolgungskosten sowohl auf Seiten der Gastronomen als auch bei der Finanzverwaltung anfallen. Dies würde zu einer geringeren Zahl von Finanzgerichtsklagen führen.

Der Gastronom entscheidet, ob er den Preisvorteil an seine Gäste weitergibt. Wenn ein Schnitzel derzeit 14,50 Euro kostet, verbleiben dem Gastwirt derzeit netto 12,18 Euro zur Deckung seiner Kosten (bei 19 % Steuersatz). Sinkt der Steuersatz auf 7 %, verbleiben dem Gastwirt netto 13,55 Euro. Der maximale Mehrertrag beträgt damit 11,2 % gemessen an dem bisherigen Nettopreis, wenn der Gastronom seinen Steuervorteil nicht an die Gäste weitergibt. Damit verbessert sich seine oft ungenügende Rentabilität, ggf. kann er auf künftig notwendige Preiserhöhungen einige Zeit verzichten.

Das bayerische Wirtschaftsministerium versucht derzeit mit einem Gaststättenmodernisierungsprogramm, der teilweise notleidenden Landgastronomie zum Überleben und Renovieren zu verhelfen, damit sich Gasthäuser in ländlichen Regionen weiterhin halten können. Ein ermäßigter Steuersatz auf Speisen würde das Fortbestehen für viele dieser Betriebe erleichtern.

Gibt der Gastronom den Steuervorteil an seine Gäste weiter, profitieren die Verbraucher von günstigeren Preisen.

Am Beispiel der Senkung des Mehrwertsteuersatzes für die Hotelübernachtungen im Jahr 2010 ist zu sehen, dass bei Hotels dringend notwendige Investitionen durchgeführt werden konnten. Einige Hotels konnten dadurch wieder konkurrenzfähig werden, andere konnten dringende Renovierungen oder Erweiterungen durchführen. Durch die verbesserte Rentabilität war es Hoteliers möglich, Bankfinanzierungen für Investitionen zu erhalten.

Nachteilig an der Senkung des Steuersatzes auf 7 % für Restaurationsumsätze wären zunächst Mindereinnahmen bei der USt. Diesen wären aber mittelfristig höhere Ertragsteuern gegenzurechnen und der verringerte Aufwand bei der Finanzverwaltung durch geringere Prüfungs- und Rechtsverfolgungskosten. Soweit die Gastronomieumsätze (z. B. im Rahmen von Geschäftsessen) an Unternehmer erbracht werden, werden die geringeren Umsatzsteuereinnahmen des Fiskus wieder durch den geringeren Vorsteuerabzug bei den bewirteten Unternehmern kompensiert, sodass insoweit kein Steuerausfall entsteht.

Fazit: Aus Sicht eines Steuerexperten überwiegen ganz klar die Vorteile, einen einheitlichen Steuersatz von 7 % auf alle Speisen einzuführen.