Fotos: Lea Wirsching
Auf Augenhöhe kommunizieren
Social Media bietet Chancen für Kanzleien und Berufsstand
Wer das Thema Kommunikation angehen will, kommt an Social Media nicht vorbei: Die Nutzungsdauer von sozialen Kanälen steigt kontinuierlich – insbesondere bei jüngeren Zielgruppen. Ein gelebter Social-Media-Account kann Kanzlei- wie auch Arbeitgebermarke nachhaltig stärken und bietet zugleich eine Identifikationsplattform für das Kanzlei-Team. Voraussetzung sind allerdings authentische und zielgerichtete Inhalte. Wir haben dazu mit Lea Wirsching (27) gesprochen. Sie ist Steuerfachangestellte und Fachassistentin für Lohn und Gehalt in der Steuerkanzlei Wirsching in Höchberg bei Würzburg und hat sich mit ihrem Instagram-Account steueralltagmitlea eine in der Branche vielbeachtete Community aufgebaut.
LSWB-Magazin: Frau Wirsching, auf steueralltagmitlea geben Sie Einblicke in Ihren beruflichen Alltag, zeigen Momentaufnahmen aus der Kanzleiarbeit und öffnen quasi die Tür, um ein bisschen Steuerkanzlei-Luft schnuppern zu lassen. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Lea Wirsching (LW): Wir hatten uns vor etwa vier Jahren überlegt, wie wir als Kanzlei und Familienbetrieb junge Menschen am besten ansprechen können – auch mit dem Hintergedanken, vielleicht ein neues Teammitglied zu finden. Zu dem Zeitpunkt war Instagram die erste Wahl. Im ersten Schritt haben wir uns angeguckt, was es gab, und wollten das moderner und frischer machen, aber auch persönlicher, in Art eines Blogs. Und wir wollten zeigen, dass Steuerberater ein cooler, moderner Beruf und in der Praxis sehr vielseitig und abwechslungsreich ist. Wir sind ja keine bloßen Zahlenschubser (lacht), sondern arbeiten viel mit Menschen zusammen und haben Spaß an der Arbeit. Das zu zeigen und den Klischees, die dem Beruf anhängen, ein bisschen was entgegenzusetzen, dabei hilft der Instagram-Kanal.
LSWB-Magazin: Dazu gehört sicher auch das Thema Digitalisierung?
LW: Ja, wir sind echte Digitalisierungsfans! Bei uns sind digitale Prozesse schon lange Standard. Wir bezeichnen uns aber ganz bewusst nicht als „Profis“, denn Digitalisierung ist ja kein abgeschlossener Prozess. Die Digitalisierung gehört zu meinem Arbeitsalltag und ist deshalb immer wieder in meinen Posts zu finden, unter ganz unterschiedlichen Aufhängern. Kanzleien bieten heute ein modernes Arbeitsumfeld und viele Entfaltungsmöglichkeiten, gerade für technik- und digitalaffine junge Menschen.
LSWB-Magazin: Stichwort „Aufhänger“. Wie finden Sie Ihre Themen?
LW: Ich weiß, dass oft mit Posting-Plänen gearbeitet wird. Ehrlich gesagt, mache ich das nicht. Ich schaue aber, dass ich ein- bis zweimal pro Woche poste, sonst lässt einen das der Instagram-Algorithmus büßen. Für mich ist es ein Stück Hobby geworden. Und die Themen? Es passiert doch fast jeden Tag etwas, zu dem man einen kurzen Post machen könnte. Und man braucht keine aufwendige Technik, ein Handy mit guter Kamera reicht; also kann man spontan und ohne großen Aufwand Themen aufgreifen.
LSWB-Magazin: Gibt es Kritik oder Gegenwind, und wie gehen Sie damit um?
LW: Da würde ich unterscheiden zwischen positivem und negativem Gegenwind. Ich fordere immer zum Austausch auf: „Wie seht ihr das, was meint ihr dazu?“ Und eine andere Meinung kann ja positiver Gegenwird sein: Man kommt ins Gespräch, es gibt eine Diskussion. Das gehört zu einer Community dazu. Negativen Gegenwind habe ich bislang nicht erfahren, toi, toi, toi (lacht). Ich klammere aber auch ganz bewusst fachliche Themen aus, die vielleicht mehr Zündstoff liefern, denn damit würde ich ja eine ganz andere Community ansprechen. Ich möchte Leute erreichen, die in meiner Situation sind, also fachlich Ausgebildete oder Menschen, die sich in dieser Richtung fachlich ausbilden möchten und ein Interesse am Kanzleileben haben.
LSWB-Magazin: Welchen Erfolg haben Sie mit Ihrem Account?
LW: Das hängt vielleicht davon ab, was man unter Erfolg versteht. Meine Intention war und ist ja kein in Zahlen messbares Ergebnis. Für mich ist es ein Erfolg, eine lebendige Community zu haben, ein Netzwerk, in dem man sich austauschen kann. Mir passiert es jetzt auch immer öfter, dass ich auf Veranstaltungen angesprochen werde, und da ist man dann gleich im Gespräch. Aber ich hatte vor kurzem tatsächlich einen Kommentar von einer jungen Frau, die mir folgt und geschrieben hat, dass ihr steueralltagmitlea bei der Berufsorientierung geholfen hat und sie sich in einer Kanzlei beworben hat. Nicht bei uns, das hätte aufgrund der Entfernung nicht funktioniert (lacht), aber es geht mir beziehungsweise uns ja auch darum, den Berufsstand als Ganzes voranzubringen und bei jungen Menschen attraktiver zu machen.
LSWB-Magazin: Wollen Sie denn als Kanzlei Ihre Social-Media-Aktivitäten weiter ausbauen?
LW: Social-Media entwickelt sich ja weiter. Junge Menschen, die die Schule abgeschlossen haben und vor der Berufswahl stehen, sind heute auf TikTok unterwegs. Nachdem der Instagram-Kanal eigentlich komplett bei mir „gelandet“ ist, haben wir im August ganz neu einen TikTok-Kanzlei-Account eingerichtet. Das wird dann echte Teamarbeit und zeigt sicher noch mehr Facetten aus unserem Berufsalltag!
LSWB-Magazin: Frau Wirsching, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch. Und viel Glück bei Ihrer Weiterbildung zur Steuerfachwirtin!
Das Gespräch führte Andrea Hetz, LSWB-Magazin. Für die schriftliche Fassung wurde es redigiert.