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Brauchen auch im Steuerrecht den Abbau unnötiger Bürokratie
Bayern fordert von der Bundesregierung rasche Umsetzung von steuerlichen Erleichterungen
Wir brauchen weniger Bürokratie! Bürokratie bindet Ressourcen in den Unternehmen und den Behörden, die viel besser für mehr Wirtschaftskraft eingesetzt werden könnten. Sie wirkt für die bayerische Wirtschaft wie eine Wachstumsbremse. Der Bürokratieabbau ist daher einer der zentralen Handlungsschwerpunkte der bayerischen Standort- und Wirtschaftspolitik – dies zeigt sich auch an der Ernennung eines Beauftragten für den Bürokratieabbau bereits im Jahr 2017. Eine nachhaltige und dauerhaft wirksame Entlastung der Unternehmen von bürokratischen Belastungen kann und muss auch in allen Rechtsbereichen erreicht werden.
Auf Initiative Bayerns konnten beim Bürokratieabbau im Steuerrecht bereits große Erfolge erzielt werden. So konnte beispielsweise der Verzicht auf die Aufbewahrungspflicht für Lieferscheine oder die Anhebung der umsatzsteuerlichen Kleinbetragsgrenze für Rechnungen erreicht werden. Auch hat der Bundesgesetzgeber 2022 endlich die langjährige bayerische Forderung aufgegriffen und die bisher lediglich im Verwaltungswege mögliche Vereinfachungsregelung bei der Besteuerung von Photovoltaikanlagen gesetzlich verankert und die Leistungsgrenzen je Anlage wurden wie gefordert angehoben. Im Zusammenspiel mit der Kleinunternehmerregelung und dem Nullsteuersatz für die Lieferung von Photovoltaikanlagen bei der Umsatzsteuer werden die betroffenen Bürgerinnen und Bürger nun vollständig von ihren steuerlichen Pflichten befreit. Das erleichtert es den Menschen immens, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Überall dort, wo Bayern die bürokratischen Anforderungen allein bestimmen kann, hat sich die Bayerische Staatsregierung im Rahmen der sogenannten „Paragraphenbremse“ verpflichtet, die Zahl der landesrechtlichen Vorschriften nicht unnötig zu erhöhen. So hat Bayern im Rahmen der Grundsteuerreform die einmalige Gelegenheit genutzt, mit der Einführung eines wertunabhängigen Flächenmodells ein im Vergleich zum Bundesmodell unbürokratisches Modell umzusetzen. Insbesondere verzichtet das bayerische Grundsteuergesetz auf den im Bundesgesetz vorgesehenen siebenjährigen Turnus von immer wiederkehrenden Grundsteuererklärungen. Zudem wurde zur Vorbereitung der Grundsteuerreform in Bayern ein umfassender Praxis-Check durchgeführt, um möglichst viele Stolpersteine bereits im Vorfeld zu erkennen und auszuräumen.
Vor allem das bundesgesetzlich geregelte Steuerrecht hat erhebliche Potenziale, die Wirtschaft von überflüssiger Bürokratie zu entlasten. Bayern will und wird daher auch gezielte bundespolitische Impulse setzen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wollen wir die Rahmenbedingungen für unsere bayerischen Unternehmen und Handwerksbetriebe bestmöglich gestalten. Insbesondere müssen zahlreiche Bagatellgrenzen und Vereinfachungsregelungen an die Preisentwicklung angepasst werden. Ansonsten verlieren sie im Laufe der Zeit immer mehr von ihrer Entlastungs- und Pauschalierungswirkung. So setzt sich Bayern insbesondere für die Erhöhung der Wertgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von derzeit 800 Euro auf 2.000 Euro ein. Auch eine Anhebung der sogenannten Ist-Besteuerungsgrenze bei der Umsatzsteuer und eine Anhebung der Buchführungsgrenzen würden zur Steuervereinfachung beitragen und Unternehmen entlasten. Schließlich unterstützt Bayern auch die Forderungen aus der Wirtschaft nach einer Verkürzung der Aufbewahrungsfristen. Weiter fordert Bayern eine Absenkung der Mindestbesteuerungsgrenze bei der sogenannten Hinzurechnungsbesteuerung von derzeit 25 Prozent auf 15 Prozent, um wettbewerbsfähig im europäischen Umfeld zu bleiben.
Viele dieser bayerischen Vorschläge wurden auch im Rahmen einer Online-Umfrage im Zeitraum von Januar bis Mitte März 2023 zum Thema Bürokratieabbau an den Bund herangetragen. Insgesamt haben 57 Wirtschaftsverbände 442 konkrete Vorschläge zum Abbau von Bürokratie gemacht. Deshalb fordert Bayern: Die Bundesregierung muss jetzt handeln und möglichst viele dieser Vorschläge zügig umsetzen. Wenn schon konkrete Verbesserungsmöglichkeiten sozusagen auf dem Silbertablett serviert werden, müssen diese auch schnell verwirklicht werden.
Unstrittig ist jedoch, dass das Steuerrecht gerade in der jüngeren Vergangenheit vor allem durch Entscheidungen auf Bundesebene leider einen erheblichen Zuwachs an Bürokratie erfahren hat. Leidtragende sind nicht zuletzt die steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe, die die immer neuen Vorgaben aus Berlin gemeinsam mit der Verwaltung umsetzen müssen. So ist zum Beispiel die von der Bundesregierung initiierte und nach dem Einkommensteuergesetz zu gewährende einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro mit einem sehr hohen administrativen Aufwand für alle Beteiligten verbunden. Immerhin deutet sich inzwischen an, dass das Bundesfinanzministerium bei der Besteuerung der Gaspreishilfen einlenkt und auf eine Besteuerung verzichten will. Bayern hat von Anfang an darauf hingewiesen, dass der bürokratische Aufwand in keinem Verhältnis zu den möglichen Steuermehreinnahmen steht. Umso erfreulicher ist es, dass diese Argumente nun endlich aufgegriffen werden.
Leider scheint die Bundesregierung aus den Fehlern des letzten Jahres nichts gelernt zu haben. Die Umsetzung der globalen Mindeststeuer für multinationale Unternehmen droht nach dem vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zu einem neuen Bürokratiemonster zu werden. Unternehmen und Verwaltung stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, wirklich alle Vereinfachungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Der Bund muss die Voraussetzungen schaffen, dass Unternehmen und Verwaltung die neuen Vorschriften auch vollziehen können. Hierzu gehört vor allem auch die bereits angesprochene Überprüfung von Entlastungsmöglichkeiten für die betroffenen Unternehmen im bestehenden Außensteuerrecht. Wenn es nicht anders geht, muss sich der Bund bei der EU dafür einsetzen, dass die Einführung der Mindeststeuer um ein oder zwei Jahre verschoben wird. Darüber hinaus ist die Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent auf EU-Ebene zwar ein Signal, dass die Staaten in Europa den schädlichen Steuerwettbewerb eindämmen und einer steuerlich motivierten Gewinnverlagerung ins Ausland entgegenwirken wollen. Man muss sich aber immer vor Augen halten, dass das OECD-Projekt, das der Brüsseler Richtlinie zugrunde liegt, von Anfang an auf eine globale Lösung angelegt war. Der Erfolg hängt insbesondere von einer entsprechenden Umsetzung auch in den USA ab. Hier müssen auf internationaler Ebene schnellstmöglich Fortschritte erzielt werden. Die Mindeststeuer darf nicht die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und Europa gefährden.
Für Bayern haben möglichst geringe Bürokratiebelastungen für Bürger wie Unternehmen einen besonders hohen Stellenwert. Der Freistaat wird sich weiterhin auf Bundesebene über den Bundesrat tatkräftig für den Abbau unnötiger Bürokratie einsetzen. Dabei ist der Austausch mit dem Berufsstand der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe essentiell, um zu praxisgerechten Lösungen zu gelangen.