Podiumsdiskussion am 17. November 2021 mit Markus Ferber (Europaabgeordneter, CSU), Alexandra Jour-Schröder (stellvertretende Generaldirektorin EU-Kommission), Hendrik Kafsack (FAZ) und Dr. Holger Stein (Vizepräsident BStBK), Foto: Petros Makris
Das neue Anti-Geldwäsche-Paket der EU-Kommission
Weitere Belastungen für den Berufsstand geplant
Auf den legendären Bundestrainer Sepp Herberger geht die Fußball-Weisheit „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ zurück. Offensichtlich machte sich auch die EU-Kommission die Erkenntnis des einstigen Fußball-Lehrers zu eigen. Denn anders ist es kaum zu erklären, dass sie bereits 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der 5. und bislang letzten Änderung der EU-Geldwäsche-Richtlinie am 01.01.2020 der Öffentlichkeit den nächsten Vorschlag für ein neues Anti-Geldwäsche-Paket vorstellte. Neben der Reform der (noch) aktuellen Geldwäsche-Richtlinie COM(2021)423 sollen gleich drei weitere Verordnungen1 verabschiedet werden: Einmal die Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die einheitliche und erweiterte Bestimmungen für die Verpflichteten in ganz Europa vorsieht, wie sie bisher im Geldwäschegesetz normiert sind (COM(2021)420), eine Verordnung zur Einrichtung einer EU-Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche COM(2021)421 sowie eine Verordnung zur Regulierung der Sorgfaltspflichten von Dienstleistern von Krypto-Assets wie etwa Bitcoins (COM(2021)422). Derzeit wird das Gesetzespaket in den gesetzgebenden EU-Institutionen, dem Rat der EU und dem EU-Parlament, verhandelt. Wenn beide Legislativorgane ihre Positionen festgelegt haben, dann werden sie im sogenannten Trilog eine Einigung über die Inhalte aushandeln.
Mit dem Vorschlag zur Überführung von Teilen der bestehenden Anti-Geldwäsche-Richtlinie in die Verordnung COM(2021)420 hat die EU-Kommission im Grundsatz einen richtigen Weg eingeschlagen, um Geldwäsche wirkungsvoll einzudämmen. Schließlich gilt die unterschiedliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten mit den zahlreichen unterschiedlichen Regelungen und den daraus resultierenden Gesetzeslücken, die von Kriminellen genutzt werden, als einer der Gründe, warum Geldwäsche in den Gesellschaften der EU noch immer einen solch großen Schaden verursacht. Eine Vereinheitlichung von Bestimmungen kann diese Lücken schließen. Anstatt sich allerdings mit einer Ausgliederung der bestehenden Vorschriften der Richtlinie in die neue Verordnung zu begnügen, hat die EU-Kommission die Gelegenheit am Schopfe gepackt und gleich eine Erweiterung an Obliegenheiten für die Verpflichteten in ihren Vorschlag eingefügt. In Bezug auf die Identifizierung des Vertragspartners sollen etwa zusätzliche Angaben wie die Steueridentifikationsnummer und bei natürlichen Personen zusätzlich die Art der Beschäftigung und der Beruf abgefragt werden. Vordergründig klingt dies einfach, doch muss eine Überprüfung solcher Daten anhand von amtlichen Dokumenten erfolgen. Im Personalausweis oder im Handelsregisterauszug finden sich solche Angaben jedoch nicht. Für die Verpflichteten, sprich den Berufsstand, würde ihre Erhebung deshalb einen unverhältnismäßigen Mehraufwand bedeuten. Auch bei der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten soll eine Erweiterung der Ermittlung von Angaben erfolgen, und zwar unabhängig, ob dieser, wie derzeit geregelt, ein erhöhtes Risiko darstellt oder nicht. Zudem soll bereits eine Beteiligung von mehr als 5 % am Unternehmen ausreichen, um als wirtschaftlich Berechtigter zu gelten. Leider erfolgten die Vorschläge zur Pflichterweiterung allesamt ohne eine hinreichende empirische Grundlage, wie die EU-Kommission selbst einräumen musste. Ihr Nutzen ist daher, im Gegensatz zur Mehrbelastung des Berufsstands, umstritten.
Die EU-Kommission will zudem eine neue geldwäscherechtliche Aufsichtsstruktur schaffen. Dazu soll einmal eine neue EU-Aufsichtsbehörde (AMLA2) mit umfangreich ausgestatteten Kompetenzen installiert werden, die im äußersten Fall sogar weitreichende Durchgriffsrechte in die nationalen Aufsichtsstrukturen erhalten könnte. Ein solcher Vorschlag stellt ebenso einen unangemessenen Eingriffsversuch in die Selbstverwaltung des Berufsstands dar wie das Vorhaben, Selbstverwaltungskörperschaften bei Ausübung der geldwäscherechtlichen Aufsicht einer nationalen Fachaufsicht zu unterwerfen.
Insbesondere könnte auch durch den im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eingebrachten Berichtsentwurf der Berichterstatter des EU-Parlaments dem Berufsgeheimnis eine empfindliche Einschränkung drohen. Ausnahmen von der Meldepflicht wären nach dem Willen der Berichterstatter nur noch bei der Prozessvertretung, nicht mehr dagegen bei der Beratung möglich. Die Verabschiedung einer solchen Regelung würde eine weitere Belastung des Mandatsverhältnisses bewirken und in aller Konsequenz gerade die vom Gesetzgeber gewünschte Beratung des Mandanten zu mehr Steuer-Compliance erschweren. Schließlich liegt die Vertraulichkeit der Beratung nicht allein im Interesse der Mandanten, sondern stellt ein Anliegen der Gesellschaft an einer fairen Steuerrechtspflege dar.
Zweifellos haben die Enthüllungen um die sogenannten Pandora Papers und die Ermittlungen zu geldwäscherelevanten Aktivitäten verschiedener Oligarchen in der EU die Verhandlungen über moderne und wirksame Anti-Geldwäsche-Bestimmungen emotionalisiert. Der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU), Fraktionssprecher der Europäischen Volkspartei im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, mahnt etwa: „Ein effektives Vorgehen gegen Geldwäsche ist zweifelsohne dringend notwendig, wir müssen aber schauen, dass wir dabei das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Entsprechend gilt es, einen gleichsam effektiven wie verhältnismäßigen Rahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche zu schaffen.“
Ein Ansatz, den auch die German Tax Advisers3 verfolgen, die sich in Brüssel in Gesprächen, mit ihrer Konferenz vom 17. November 2021, mit Vorschlägen für Änderungsanträge an die Europaabgeordneten und, im Verbund mit anderen betroffenen Verbänden, in einem gemeinsamen Schreiben derer Präsidenten an die EU-Stakeholder für sinnvolle und verhältnismäßige Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche einsetzen. Dazu sind jedoch weder weitere Beschränkungen des Berufsgeheimnisses noch der Selbstverwaltung erforderlich. Außerdem sollten weitere Belastungen für die Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz nur nach einer sorgsamen Begutachtung ihres tatsächlichen Nutzens und ihrer Alltagstauglichkeit verabschiedet werden. Andernfalls dürfte das Frustpotenzial bei den Verpflichteten schnell anwachsen.
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1 Im Gegensatz zu Richtlinien werden Verordnungen nicht mehr vom nationalen Gesetzgeber umgesetzt. Stattdessen gelten sie unmittelbar.
2 Anti Money Laundering Agency
3 Die German Tax Advisers sind eine Kooperation des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. und der Bundessteuerberaterkammer zur gemeinsamen Interessenvertretung gegenüber den Brüsseler EU-Institutionen.