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Die bayerische Grundsteuer
Chancen für den Berufsstand
Ab dem 1. Juli 2022 nehmen die bayerischen Finanzämter Grundsteuererklärungen entgegen. Das BayGrStG setzt auf Einfachheit, begnügt sich bei der Grundsteuer B weitgehend mit physischen Größen und verzichtet in bewusster Abkehr vom Bundesrecht auf die wertabhängigen und streitträchtigen Faktoren Bodenrichtwert und Baujahr.
Die für die Grundsteuererklärung erforderlichen Einheitswertaktenzeichen finden sich in den Informationsschreiben, die von April bis Juni 2022 an alle Grundstückseigentümer, die natürliche Personen sind, versandt werden. Von Juli bis Dezember 2022 können im BayernAtlas unentgeltlich Grundstücksflächen und weitere grundstücksbezogene Daten der Vermessungsverwaltung online abgerufen werden (Art. 10a Abs. 2 BayGrStG). Unterlagen zur Wohn- und Nutzfläche werden viele Steuerpflichtige in Gestalt von Kaufverträgen, Bauanträgen, Grundbuchauszügen oder auch von Nebenkostenabrechnungen in Wohnungseigentümergemeinschaften zur Hand haben und ihrem Steuerberater zur Verfügung stellen können.
Gleichwohl bleibt noch Raum für Steuerberatung. Dies gilt nicht nur für die Inanspruchnahme von Steuerbefreiungen (§§ 3, 4 GrStG) und Messzahlermäßigungen (Art. 4 Abs. 2-4 BayGrStG). Auch die Frage, ob für Garagen und Nebengebäude aufgrund ihrer rechtlichen Zuordnung zu einer Wohnnutzung ein Freibetrag genutzt werden kann (Art. 2 Abs. 2, 3 BayGrStG), wird sich häufig stellen.
Zudem stellt sich insbesondere bei großen Grundstücken die Frage, ob die wirtschaftliche Einheit zutreffend umschrieben ist, da hiervon die Inanspruchnahme der relativen und absoluten Übergrößenregelungen in Art. 3 Abs. 1 BayGrStG abhängt. Anders als das Bundesrecht unterscheidet das BayGrStG bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden sachgerecht zwischen dem Eigentum am Grundstück und am Gebäude (Art. 1 Abs. 4 Satz 2 BayGrStG). Bei Wohngebäuden eines land- und fortwirtschaftlichen Betriebs kann sich die Frage nach dem dazu gehörenden Umgriff stellen. Deutlicher großzügiger als im Bundesrecht wird der Umfang der Hofstelle bestimmt (Art. 9 Abs. 1 BayGrStG).
An die Hauptfeststellung auf den 1. Januar 2022 schließen sich in Bayern keine weiteren turnusmäßigen Hauptfeststellungen an (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayGrStG). Eine Anzeigepflicht besteht aber unter anderem bei Veränderungen im Baubestand, Änderungen der Nutzung oder Fortfall der Umstände, auf denen die Messzahlermäßigung beruht (Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayGrStG). Hierfür lässt das BayGrStG dem Steuerpflichtigen bis zum 31. März des Folgejahres Zeit und ist damit großzügiger als das Bundesrecht (Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayGrStG).
Steuerberater können auch auf gemeindlicher Ebene gefordert sein. Neben den Erlassvorschriften der AO (§§ 163, 227 AO) und im GrStG des Bundes (§§ 32-34 GrStG) sieht Art. 8 BayGrStG erweiterte Erlassmöglichkeiten vor, wenn es in Einzelfällen zu einer unangemessenen Steuerbelastung kommen sollte.
Bei der Hauptfeststellung 2022 geht es um die Bewältigung enormer Fallzahlen. Mit dem einfachen und transparenten BayGrStG ist dafür Sorge getragen, dass sich der Aufwand für die Steuerpflichtigen und ihre Berater in einem vertretbaren und zumeist recht überschaubaren Rahmen bewegt.