„Förderung und Pflege von Netzwerken wird wichtiger“

„Förderung und Pflege von Netzwerken wird wichtiger“

LSWB-Präsident Manfred F. Klar über gegenwärtige Herausforderungen und künftige Aufgaben des Verbands

Von Heiko Haffmans

LSWB-Magazin: Herr Klar, wofür steht der LSWB im Jahr 2015 – 70 Jahre nach seiner Gründung?

Manfred F. Klar: Die Tätigkeiten und damit das Selbstverständnis des LSWB leiten sich klar aus der Satzung ab: Vordringlichste Aufgabe des Verbands ist die Förderung seiner Mitglieder, sei es als Interessenvertreter, Dienstleister und Veranstalter von Fortbildungen sowie aus- und weiterbildungsbegleitenden Kursen für Kanzleimitarbeiter.
Eine Besonderheit hierbei: Wir bieten Spezialistenveranstaltungen an – sowohl für Mitarbeiter als auch für Berufsträger – die es in dieser Form bei gewerblichen Anbietern nicht gibt. Denn bei uns stehen die Qualität der Fortbildungen und der Mehrwert für die Mitglieder im Mittelpunkt – nicht der wirtschaftliche Vorteil.

LSWB-Magazin: Reicht das aus, um auch beim 100. Verbandsjubiläum im Jahr 2045 noch erfolgreich zu sein?

Klar: Das Mitglied und seine Förderung werden immer im Fokus der Verbandsarbeit liegen. Aber so, wie sich die Herausforderungen für den Berufsstand wandeln, müssen sich auch der Verband und die Instrumente, mit denen er die Mitglieder unterstützt, verändern. So wird die Förderung und Pflege von Netzwerken, die unsere Mitglieder nutzen können, in Zukunft eine wesentliche größere Rolle in der Verbandsarbeit spielen.

LSWB-Magazin: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den Berufsstand?

Klar: In meinen Augen liegen die größten Herausforderungen in den Bereichen Bürokratisierung, Digitalisierung und Deregulierung. Über die Bürokratisierung brauchen wir dabei nicht viele Worte zu verlieren: Wir beobachten seit Jahren, dass die Finanzverwaltung beziehungsweise der Gesetzgeber immer mehr Aufgaben auf die Steuerkanzleien und ihre Mandanten abwälzt. Das wäre noch gar nicht mal so schlimm, wenn die Gesetze und Verordnungen sauber ausformuliert, widerspruchsfrei und praxistauglich wären. Wir werden nicht müde, wieder und wieder auf diese Missstände hinzuweisen. Aber das Wirksamste, was wir als Verband in diesem Zusammenhang unternehmen können, ist, unseren Mitgliedern auf Prozessseite das Handwerkszeug mit auf den Weg zu geben, damit sie diese Zusatzaufgaben in ihren Kanzleien bestmöglich bewältigen können. Unsere LSWB-Kanzleizertifizierung stellt hierbei ein wichtiges Instrument dar und wird gut angenommen.

LSWB-Magazin: Wie wird die Digitalisierung die Arbeit von Steuerkanzleien verändern?

Klar: Die Digitalisierung wird die Art, wie wir unsere Kanzleien organisieren und führen völlig verändern. Nehmen wir beispielhaft die Finanz- und Lohnbuchhaltung. Sie wird weitestgehend automatisiert erfolgen. Die Daten hierzu werden aus verschiedenen Datenpools gespeist, die in unseren Kanzleien zusammenfließen. Das hat positive und negative Seiten: Denn die Dienstleistung „Buchhaltung“ und ihr Anbieter werden hierdurch austauschbar. Gleichzeitig erhalten wir die Möglichkeit, aus diesem Datenpool gespeist andere Dienstleistungen anzubieten – zum Beispiel im Bereich betriebswirtschaftliche Beratung.
Die Digitalisierung wird uns zudem ermöglichen, die schlimmsten Folgen des demografischen Wandels abzufedern, da viele Buchhaltungsvorgänge künftig automatisiert erfolgen. Das heißt aber: Die Mitarbeiter, die wir in Zukunft beschäftigten, bewegen sich auf einem sehr viel höheren Qualifikations- und Gehaltsniveau: Spitzenqualität liefern wir nur noch mit Spitzenpersonal, das angemessene Gehälter bekommt.

LSWB-Magazin: Die Digitalisierung ist eine Entwicklung, die sich von außen nicht beeinflussen lässt. Wie kann der LSWB seine Mitglieder in diesem Feld dennoch begleiten?

Klar: Zum Beispiel indem wir die Interessen unserer Mitglieder in den Mitbestimmungsgremien der Datev zunächst bündeln und dann entschieden vertreten. Oder über die Tätigkeit unserer EDV-Arbeitskreise beziehungsweise des Verbändeforums EDV. Diese Gremien arbeiten eng mit Software- und Systemanbietern zusammen, damit die Programme, die künftig unseren Kanzleialltag bestimmen, einen möglichst großen Praxisbezug haben.

LSWB-Magazin: Sie haben gesagt, dass Sie eine weitere große Herausforderung in der Deregulierung sehen …

Klar: Wir betrachten die Angriffe Brüssels auf das System der freien Berufe mit großer Sorge. Allerdings nicht, weil wir den Wettbewerb fürchten, sondern weil wir mit Verschlechterungen in den Bereichen Qualität und Verbraucherschutz rechnen. Wir müssen alles dafür tun, dass die Brüsseler Beamten ihre vor allem aus Unkenntnis herrührenden Deregulierungsbestrebungen überdenken. Die Politik muss sich stärker mit den Auswirkungen dieser Entwicklung auseinandersetzen. Wir werden daher in Zukunft unsere Interessenvertretung und Öffentlichkeitsarbeit stärken. Für uns als Landesverband bedeutet dies, dass wir nicht nur den Schulterschluss mit den Kollegialverbänden und dem DStV suchen, sondern noch stärker auch mit den bayerischen Kammern. Bei einem so wichtigen Thema muss der Berufsstand mit einer Stimme sprechen. Eine wichtige Rolle fällt an dieser Stelle auch dem Verband freier Berufe in Bayern zu, in dem der LSWB ebenfalls organisiert ist. Der Verband spricht über den Bundesverband BFB für einen sehr bedeutenden Teil der deutschen Wirtschaft, der für ein immenses Steueraufkommen und mehr als 4,7 Millionen Arbeitsplätze steht. Der BFB kann in Brüssel somit großes politisches Gewicht in die Waagschale werfen.

LSWB-Magazin: Wir haben viel über die Zukunft des Verbands gesprochen: Was bringt die Zukunft für die Mitglieder?

Klar: Generalisten, die versuchen, das komplette Dienstleistungsportfolio der steuerberatenden Berufe abzubilden, werden es wohl zukünftig deutlich schwerer haben. Der Druck, sich als Kanzlei zu spezialisieren, wird zunehmen. Gleichzeitig wird der Wettbewerb intensiver und damit auch die Notwendigkeit, die eigenen Prozesse und Abläufe zu optimieren. Zudem ist ein Trend zu größeren Einheiten zu beobachten.
Dem LSWB als Verband fällt dabei die Aufgabe zu, den Mitgliedern das notwendige Rüstzeug mit auf dem Weg zu geben, um diese Herausforderungen zu meistern. Dieses reicht von passenden Weiterbildungsangeboten, über Kontakte zu den richtigen Ansprechpartnern bis hin zu Studien, die unseren Mitgliedern ihre Stärken und Schwächen zeigen.
Gleichsam blicke ich positiv in die Zukunft: Die steuerberatenden Beruf genießen in der Bevölkerung höchstes Vertrauen. Wenn wir die Bedürfnisse unserer Mandanten weiterhin in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen und ihnen sachgerechte Lösungen anbieten, sehe ich unseren Berufsstand für künftige Herausforderungen gut gerüstet.

LSWB-Magazin: Herr Klar, vielen Dank für das Gespräch.