Foto: Christian Schwier/adobe stock

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Herausforderungen 2023

Wenn alle an einem Strang ziehen

Von Martina Högel-Stöckle, LSWB-Vorstandsmitglied

Das Jahr 2022 ist Vergangenheit, dennoch hat es uns besonders geprägt. Schlagwörter wie Pandemie oder Grundsteuerdeklaration waren Dauerbrenner in unseren Köpfen, gefolgt von Zinsbescheiden, die unsere Kanzleien kurz vor Jahreswechsel überfluteten, Antragsstellungen hinsichtlich Liebhaberei bei Photovoltaikanlagen unter 10 kWp sowie der geänderten, ursprünglich nicht vorgesehenen Soforthilfe-Bestätigung in Bayern.

Grundsteuerdeklarationen wurden oftmals von Mandanten selbst erledigt, zur Durchsicht bzw. für Rückfragen jedoch den Mitarbeitern in den Kanzleien vorgelegt. Krankheitsausfälle bis zu zwei Wochen oder mehr pro Mitarbeiter kamen erschwerend hinzu, neues Personal war auf dem Markt nicht verfügbar. Die Möglichkeiten des Homeoffice waren nicht nur positiv, manchmal erschwerten diese das Ganze zunehmend, denn kurze Kanzleiwege waren nur noch über virtuelle Kanäle möglich und nicht immer hilfreich.

Wie resilient werden wir den Herausforderungen 2023 gegenüberstehen, auf welche Ressourcen können wir noch zurückgreifen, welche Konsequenzen werden unvermeidbar sein?

Nutzen Sie die Tools der Datev, Auswertungen wie in EO-Classic zeigen Ihnen schwarz auf weiß, bei welchen Mandanten die vereinbarte Gebühr längst nicht mehr ausreicht. Nehmen Sie sich Zeit, in Mitarbeitergesprächen zu erörtern, warum der Deckungsbeitrag nicht Ihren Vorstellungen entspricht. Gründe hierfür könnten auch hinterlegte Stundensätze sein, die aufgrund der Personalkostensteigerungen binnen der letzten beiden Jahre nicht mehr zeitgemäß sind. Vergessen Sie hierbei nicht, die Preiserhöhungen der Systempartner etc. mit einzukalkulieren. Auch die „NUR 5-Minuten“-Gespräche mancher Mandanten sollten konsequent aufgezeichnet werden, um eine korrekte Auswertung der Kosten in Bezug zum abgerechneten Honorar zu erhalten.

Empfehlenswert ist auch die ISWL Mandantenanalyse der Datev, die Ihnen Aussagen liefert, bei welchen Mandanten beispielsweise keine automatisierten Buchungen über Schnittstellen eingespielt werden, Bankbuchungen noch händisch anstatt über den Kontoauszugsmanager eingelesen werden. Solche Zeitfresser stellen auch unsere Onlinehändler-Mandanten dar, sofern diese nicht über Schnittstellen in die FIBU integriert werden.

Denken Sie an mögliche, bereits in anderen Programmen erfasste Daten, bevor Sie diese erneut ins Formular eintippen, es gibt eine Vielzahl statistischer Meldungen, wofür Ihnen Ihre FIBU bzw. Lohn ein Tool bereithält, um diese Daten ohne großen Aufwand einzupflegen.

Rote Zahlen, ein Haftungsrisiko für unseren Berufsstand, sollten bei Krisenmandanten schnellstens analysiert werden. Abweichungen von Kennzahlen gleicher Branchen, wie etwa zu niedrige Roherträge oder zu hohe Personalkosten, muss Ihnen Ihr Mandant erklären können. Hierfür sind Frühwarnhinweise ähnlich einem Ampelsystem (rot-gelb-grün) sehr hilfreich.

Lehren Sie Ihre Mitarbeiter, betriebswirtschaftliche Auswertungen zu lesen und zu verstehen – zumindest die 2-3 wichtigsten Kennzahlen. Der direkte Austausch Ihrer Mitarbeiter mit den Mandanten bringt Ihnen eine enorme Zeitersparnis.

Mittels der Werkzeuge, der digitalen Kommunikation mit der Finanzverwaltung sowie des Mitte 2023 möglichen digitalen Bescheidabgleiches DIVA II bei der Gewerbesteuer wurde der aufwendige Papierkram beseitigt. Das erneute Ergehen, durch Einspruch angefochtener Bescheide im digitalen Format, wird uns hoffentlich ein wenig Zeitersparnis in den Kanzleien bringen.

Nehmen Sie Angebote wie DIFIN Ihrer Banken wahr: Der Datenrückflusskanal, derzeit zwar noch etwas spärlich ausgebaut, spielt Ihnen zumindest Zins- und Tilgungspläne, Kontokorrentlinien sowie Informationen zur Besicherung der Darlehen ins System zurück.

Digitalisierung einerseits, aber wie sieht es derzeit mit den Ressourcen unserer Mitarbeiter aus? Headhunter sind in den letzten Monaten zur Hochform aufgelaufen, um Personal anzuwerben. Doch wer bleibt dabei auf der Strecke? Warum verdient gutes Personal erst durch einen Kanzleiwechsel gutes Geld? Und: Ist es das Geld alleine, das glücklich macht, oder zählt nicht weit mehr das Betriebsklima, der langjährige Bezug zum Mandanten, die Hilfsbereitschaft im Kollegenteam, die flexible Zeiteinteilung?

Geben Sie nur des Geldes wegen springenden Mitarbeitern keine Chance, denn genau dieser Mitarbeiter wird Ihnen nach geraumer Zeit wieder abspringen und zwar genau dann, wenn Sie es nicht erwarten.

Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter bei Fortbildungen, fördern Sie sie durch zusätzliche Qualifikationen wie dem Fachassistenten Rechnungswesen, Lohn- und Gehalt oder IT- und Digitalisierung. Den Mehrwert werden Sie in den Kanzleien erfahren.

Auch die Mandanten werden Konsequenzen spüren, damit wir dem immer stärker werdenden Druck, der sowohl auf uns Berufsträgern als auch auf Kanzleimitarbeitern lastet, standhalten können. Nutzen Sie die Möglichkeiten eines arbeitsintensiven Kanzleinachmittags, indem Sie einen Nachmittag Ihre Kanzlei für den Telefon- und Parteiverkehr geschlossen halten. Unliebsame Schriftstücke oder Unternehmenskonstellationen lassen sich in dieser Zeit durchspielen, die aufgrund ständiger Telefonate tagelang nicht zu Papier gebracht wurden.

Telefonate nach 17.00 Uhr werden künftig der Vergangenheit angehören, denn ständiger Druck belastet die Gesundheit, und Freizeit findet nur ohne Erreichbarkeit für Mandanten statt.

Schade wäre allerdings, wenn die Konsequenzen des Personalruns zu Lasten der künftigen Ausbildung ausgetragen werden.

Gute Ausbildung kostet Geld, wenn allerdings gut ausgebildetes Personal durch gutes Gehalt im Erstjahr abgeworben wird, werden die immer weniger werdenden Ausbildungskanzleien bald vom Markt verschwinden. Die Konsequenz werden wir alle zu spüren bekommen, beispielsweise in Form von Abgaben an Ausbildungskanzleien als Ausgleich, oder wenn aber aufgrund weiterer Rationalisierungsmaßnahmen in unseren Kanzleien immer weniger Personal benötigt wird.

Stehen Sie hinter Ihren Mitarbeitern, verstehen Sie Ihre Kanzlei als Team. Mandanten werden es Ihnen nicht danken, wenn Sie sich untereinander, beispielsweise bei der Terminvergabe oder Zeitspannen bei der Fertigung von Jahresabschlüssen oder Steuererklärungen, ausspielen lassen.

Trennen Sie sich von zeitraubenden und schlechtbezahlten Mandantenaufträgen, kein Mandant ist es wert, die kostbare Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

Letztendlich soll uns der Beruf ein Stück weit Freude bereiten und nicht zur Qual werden!