Wurst ist nicht gleich Wurst, das gilt auch bei der Mehrwertsteuer:  Die Currywurst im Wirtshaus wird mit 19 %  Mehrwertsteuer veranlagt, die To-Go-Variante nur mit 7 %.; Foto: klyaksun, Christian Schwier, Robert Neumann/adobe stock

Wurst ist nicht gleich Wurst, das gilt auch bei der Mehrwertsteuer: Die Currywurst im Wirtshaus wird mit 19 % Mehrwertsteuer veranlagt, die To-Go-Variante nur mit 7 %.; Foto: klyaksun, Christian Schwier, Robert Neumann/adobe stock

Mehrwertsteuer: „Gleiche Steuern für Essen“

Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern bezieht Position

Von Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer DEHOGA Bayern

Das Wirtshaussterben auf dem Land sowie das Verschwinden klassischer Restaurants aus den Innenstadtlagen machen deutlich, dass die Wettbewerbsfähigkeit der arbeitsintensiven Gastronomie dringend einer Stärkung bedarf.

Wir erwarten, dass die frisch zubereitete, servierte Suppe steuerlich nicht schlechter gestellt wird als die Tütensuppe im Lidl oder Aldi. Übrigens auch und gerade, weil wir uns alle regionale, frische und gesunde Küche wünschen. Wir alle wissen, dass der Lebensmitteleinzelhandel immer mehr in Richtung Gastronomie vordringt. Daher erwarten wir auch, dass alle Speisen gleichbehandelt werden, unabhängig von der Art der Zubereitung und des Verzehrortes.

Wettbewerbsnachteil für die Gastronomie

7 Prozent Mehrwertsteuer wären nur fair, weil die klassische Gastronomie unglaublich arbeitsintensiv ist. Auf den gleichen Umsatz kommen in der Gastronomie sechs Mal mehr Beschäftigte als zum Beispiel im Lebensmitteleinzelhandel. Durch 7 Prozent entstünden Spielräume für Investitionen, für Arbeitsplätze und für noch attraktivere Angebote unserer Betriebe. Also genau die positiven Effekte, die wir auch bei der Hotellerie gesehen haben.

Stellen Sie sich zwei heiße, frische Bratwürste vor. Beide gleich lang, gleich lecker, komplett identisch. Sogar der Preis ist derselbe: 1 Euro. Der einzige Unterschied: Die eine Wurst kommt beim Metzger vom Grill, die andere aus der Küche im Wirtshaus. Ein Unterschied mit Folgen: Während der Metzger 93 Cent als Netto-Einnahmen verbuchen kann, bleiben dem Gastwirt nur 84 Cent, da er 19 Prozent als Mehrwertsteuer in Abzug bringen muss. Hochgerechnet auf einen Umsatz von 10.000 Euro bleiben dem Metzger gut 9.345 Euro, dem Wirt jedoch nur etwa 8.403 Euro – eine Differenz von 942 Euro. Ist das nachvollziehbar? Ist das fair?

Nehmen wir zum Beispiel den Bereich Partyservice: Liefert der Caterer das Essen in Einweggeschirr, so muss er nur 7 Prozent in Rechnung stellen. Es sei denn, er bringt auch noch zwei Stehtische mit: Dann unterliegt automatisch der ganze Umsatz dem vollen Steuersatz. 19 Prozent schreibt der Gesetzgeber auch dann vor, wenn das Partyservice-Unternehmen Porzellangeschirr einsetzt. Das reduziert zwar die Müllberge, erhöht aber den Preis. Anders ausgedrückt: Wegwerf-Denken wird vom Staat gefördert, umweltbewusstes Handeln dagegen bestraft.

Für Deutschlands Gastronomie bedeutet der volle Steuersatz einen knallharten Wettbewerbsnachteil, insbesondere gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel, der sein Sortiment verzehrfertiger Essensangebote signifikant ausgeweitet hat und weiter ausbaut.

Reduzierter Steuersatz in vielen EU-Staaten

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Der DEHOGA Bayern befürwortet ausdrücklich den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel, wie er aktuell in 21 von 28 EU-Staaten gilt. Insgesamt wird in 17 EU-Staaten zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant steuerlich kein Unterschied gemacht. So zeigt sich die Wertschätzung für die regionale Küche, die frische Zubereitung und die öffentlichen Wohnzimmer der Gesellschaft!

Für die Gastronomie müssen die massiven Wettbewerbsnachteile schnellstens beseitigt werden. Es geht um Gleichbehandlung der gastronomischen Betriebe mit den Bäckern, Metzgern und dem Lebensmitteleinzelhandel, die seit Jahren im Genuss von 7 Prozent sind.

Veränderte Lebensgewohnheiten

Bedingt durch die gesellschaftlichen Entwicklungen wird heute immer weniger zu Hause gekocht und gegessen. Damit wird die tägliche Mahlzeit unterwegs zum lebensnotwendigen Grundbedürfnis. Ferner hat sich der Grad der gesellschaftlichen Mobilität in den letzten Jahren extrem erhöht und wird dies auch weiterhin tun. Gleich ob beruflich oder privat: Die Menschen sind heute viel mobiler als in früheren Zeiten. Der Verpflegung „außer Haus“ kommt damit ein wesentlich höherer Stellenwert zu. Diesen veränderten Lebensgewohnheiten sollte auch die Steuergesetzgebung Rechnung tragen.

Esskultur muss gestärkt werden

Die kulturellen und sozialen Gegebenheiten, speziell in Bezug auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung, haben sich in den letzten Jahrzenten drastisch verändert. Der richtigen Ernährung jenseits der eigenen vier Wände kommt eine immer bedeutsamere Rolle zu. Auch diesem Umstand tragen die Länder, die auf eine Reduzierung der Umsatzsteuer für die Gastronomie setzten, Rechnung. Esskultur und Genuss leiden unter der Ungleichbehandlung der Umsatzsteuerbelastung. Das Kulturgut der vielfältig ausgeprägten Gastronomie in Deutschland verliert dadurch zunehmend an Bedeutung. Eine gepflegte Mahlzeit im Restaurant sollte gegenüber dem schnellen Imbiss, im Gehen auf der Straße verzehrt, steuerrechtlich nicht schlechter gestellt werden.

Unabhängig davon trägt die überproportionale Zunahme des Take-Away-Geschäftes kaum zur Verschönerung der Stadtbilder bei. Dem gegenüber stellen attraktive Gastronomiebetriebe mit entsprechenden Außenflächen eine echte Bereicherung für jede Innenstadt dar.

7 % auf alle Lebensmittel!

Personalintensive Branchen wie das Gastgewerbe müssen einen steuerlichen Ausgleich erhalten, da sie niemals die Produktivität von Branchen, die maschinelle Erzeugnisse herstellen, erreichen können. Rückläufige Umsätze und damit sinkende Erträge im Gaststättengewerbe müssen endlich bekämpft werden. Die Ertragslage in der Gastronomie ist teilweise so gering, dass Betriebe aufgegeben werden müssen.

Dies hat fatale Folgen für das Tourismusland Bayern. Denn gastgewerbliche Betriebe sind die Grundvoraussetzung für den Tourismus, Bayerns zweitwichtigste Leitökonomie. Zudem sind sie regionale Wirtschaftsmotoren. Die Gesamtmarke Bayern verliert elementar an Attraktivität, wenn dem zunehmenden Sterben traditioneller Wirtshäuser kein Einhalt geboten wird.

Aus Gründen der Gleichbehandlung ist eine Abschaffung der Wettbewerbsverzerrung geboten: 7 Prozent auf Lebensmittel – egal wo gekauft, wie zubereitet und wo konsumiert.

Gespaltener Mehrwertsteuersatz 

  • Essen „in Ruhe“ im Sitzen: 19 % – im Gehen und Stehen: 7 %
  • Essen für uns: 19 % – für Tiere: 7 %
  • Verwendung von Mehrweggeschirr bei Buffets: 19 % – Einweggeschirr: 7 %
  • Essen im Kindergarten, der Schule oder im Altersheim: 19 % – in der Mensa (wo nicht jeder hin muss): 7 %
  • frischer Salat: 19 % – Salat aus der Plastiktüte bzw. dem Plastikkübel: 7 %
  • frisch gekochte Suppe: 19 % – Tütensuppe: 7 %

Information

Weitere Informationen sind auf folgender Webseite zusammengefasst: www.fairschmecktsbesser.de