Foto: aleutie/adobe stock

Foto: aleutie/adobe stock

Sie haben die Lösungen!

Fachkräftemangel wirksam aushebeln

Von Carola Heine, IT-Fachjournalistin und IT-Expertin von lexoffice

Stellen Sie sich einen Arbeitsalltag vor, in dem fast täglich jemand mit passenden Qualifikationen und einer guten Art bei Ihrer Kanzlei anklopft und nach einer offenen Stelle fragt. Sie haben die Wahl unter verschiedenen Kandidaten und können so Ihre gesamten Strukturen entlasten. Weil Sie sich entschieden haben, den Fachkräftemangel direkt an der Wurzel anzugehen.

Haben Sie sich schon einmal in den Steuerbranchen-Gruppen der sozialen Netzwerke umgeschaut? Dort wimmelt es von qualifizierten Menschen, die gerne in eine andere Kanzlei wechseln würden. Weil ihre Vorgesetzten sich immer noch der Digitalisierung verweigern, weil das Gehalt deutlich knapp bemessen wird und weil starre Strukturen es erschweren, Arbeitsleben und Privatleben im Einklang zu halten.

Auf der anderen Seite ächzt Ihre Kanzlei vielleicht unter dem Fachkräftemangel, der heute so gerne auf fehlenden Nachwuchs geschoben wird. Sicherlich spielen auch das Image der Branche und die Wirkung auf potenzielle Arbeitnehmer eine Rolle. Vor allem aber funktioniert das nicht mehr, was lange Jahre als etablierter Standard galt.

Damit Bewerber Ihnen die Kanzleitür einrennen

Die Medizin gegen den Fachkräftemangel ist keine bittere, denn als Kanzlei-Inhaber bekommen Sie für den Wandel in Ihrer Unternehmenskultur schließlich auch einiges zurück. Ein motivierteres Team zum Beispiel, mehr Lebensqualität für alle und immer ausreichend Menschen, die gerne für Sie arbeiten wollen, sowie Mitarbeiter, die Ihre Kanzlei begeistert als Arbeitsplatz empfehlen.

Spätestens die Pandemie hat uns gezeigt, dass in jeder Kanzlei auch viel digitales Potenzial steckt. Jetzt noch eine schwungvolle Prise „New Work“ und der Wandel kann alle Bereiche betreffen, die so dringend entstaubt und abgeschafft werden sollten wie die Pendelordner. Vielleicht ist eine dieser drei Möglichkeiten etwas für Sie:

1. Flexible Arbeitszeitmodelle für Eltern

Gehen Sie viel weiter als „einen Tag oder zwei in der Woche im Homeoffice“. Legen Sie zwei Termine monatlich fest, an denen online oder offline über anstehende Aufgaben gesprochen wird und lassen Sie die Eltern im Team ansonsten völlig frei entscheiden, wo sie arbeiten und wie viel von der Zeit abends oder am Wochenende geleistet wird.

Möglich wird dies durch die Vereinbarung von fixen Sprechstundenzeiten für die Mandanten, die einzuhalten sind. Mit dem Mix aus Basisstruktur und Freiheit kann plötzlich jede Stelle auch von Müttern und Vätern in Elternzeit oder Menschen mit anderen Betreuungsaufgaben oder Prioritäten besetzt werden. Für die stressigsten Phasen reicht das nicht? Dann zahlen Sie Prämien oder tauschen gegen Freizeit im Sommer. Was möglich ist, entscheiden schließlich Sie.

2. Flexibles Jobsharing für zwei oder drei

Es hat sich in Deutschland noch nicht wirklich herumgesprochen, aber jeder Job lässt sich auch teilen und in eine Team-Aufgabe umwandeln, wenn man es nur möchte. Kombinieren Sie eine Fachkraft, die nur zehn Stunden wöchentlich arbeiten möchte, mit jemand anderem, der oder die schon lange wegen Überlastung klagt.

Oder schreiben Sie gleich zwei halbe Stellen aus. Gleichberechtigt, oder als Mentor/Newcomer im Kombi-Pack. Laden Sie vielleicht sogar dazu ein, dass sich bei Ihnen Menschen gemeinsam bewerben, die bereits zufrieden und erfolgreich zusammengearbeitet haben. Sie werden staunen, wie viele Türen sich öffnen, wenn nicht mehr alles in die alte starre Form von 40 Wochenstunden einer Person gegossen werden muss.

3. Flexible Formate mit Mut zur Lücke

Wie viele Nachwuchskräfte werden sich wohl bei Ihnen bewerben, wenn bereits in der Stellenausschreibung steht, dass innerhalb der ersten sieben Jahre ein Sabbatical genommen werden darf? Wie viele, wenn Sie von Anfang an klar signalisieren, dass Elternschaft mit ihren besonderen Anforderungen an Planung und Flexibilität bei Ihnen kein Problem darstellt, sondern als persönliche Bereicherung willkommen ist?

Sie als Kanzlei-Inhaber wissen doch schon, wovon Menschen beruflich träumen und was sie sich privat wünschen. Es ist Thema in unzähligen Foren, Gesprächen und Artikeln. Warum nicht die Verhandlungen und vorsichtigen Fragen einfach aushebeln und von vornherein ein unwiderstehliches Angebot machen? Für Sie als Steuerberater ist Flexibilität eine Entscheidung. Für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht.

Die letzten beiden Jahre haben uns deutlich gezeigt, wie wichtig flexible Arbeitsplatzmodelle für Familien sind. Wenn in Phasen wie im vergangenen Lockdown Kitas und Schulen schließen, können Eltern nicht frei entscheiden, ob sie eine Stelle verlockend finden. Sie müssen einen Job nehmen, bei dem sie alles leisten können, was nebenbei noch anfällt.

Das ist übrigens der Alltag der meisten Mütter, die daheim die Betreuung übernehmen und fast aller privaten Pflegekräfte, die sich um ältere oder behinderte Verwandte
kümmern, sowie die tägliche Herausforderung für Väter, die sich um ihre Kinder gleichberechtigt kümmern.

Jetzt stellen Sie sich einmal vor, Sie warten gar nicht auf das Problem, sondern sind selbst die Lösung. Ohne Wenn und Aber mit maximaler Flexibilität, moderner Führung und fairem Entgelt.

Fachkräftemangel dürfte damit der Vergangenheit angehören.
Viel Erfolg!