Foto: Andrii Yalanskyi/adobe stock

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Vorbeugen statt heilen!

Geldwäsche-Compliance in der Steuerkanzlei

Von Dr. Christian Horvat, RA, FAStrR, FAStR und Ulrike Thole-Groll, RAin, FAinStrR, FAinStR

Die eigene Geldwäsche-Compliance für Steuerberater hat mit der Umsetzung der Vierten Geldwäsche-Richtlinie in Deutschland mit Wirkung zum 26.06.2017 nochmals erheblich an Bedeutung gewonnen, da nicht nur die Pflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) erweitert, sondern auch eine Vielzahl neuer Bußgeldtatbestände und ein öffentlicher „Pranger“ eingeführt wurden. Bei Verstoß gegen das GwG läuft der Steuerberater Gefahr, seinen Namen samt seiner Verfehlung und der verhängten Ahndung auf der Homepage der für ihn zuständigen Steuerberaterkammer wiederzufinden. Mit der Reform des Geldwäsche-Tatbestands im Strafgesetzbuch (StGB) wurde zusätzlich die Schwelle zur Strafbarkeit erheblich abgesenkt. Galten bis 17.03.2021 nur bestimmte schwere Straftaten als taugliche Vortat einer Geldwäsche – etwa die gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung –, so gilt seit dem 18.03.2021 ein „All-Crimes-Approach“. Sogar der von einem Kind gestohlene Kaugummi taugt nun als Tatobjekt einer Geldwäsche. Das ist nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil Defizite im präventiven Bereich nach dem GwG das Risiko repressiver Konsequenzen nach dem StGB signifikant erhöhen.

Pflichten nach dem GwG

  • Die wesentlichen Pflichten nach dem GwG werden drei verschiedenen Säulen zugeschrieben:
    Das Risikomanagement besteht aus einer Risikoanalyse und internen Sicherungsmaßnahmen. Bei der Risikoanalyse bedarf es einer Bestandsaufnahme der Risiken der vom Steuerberater betriebenen Geschäfte. Aus der Risikoanalyse sind die internen Sicherungsmaßnahmen abzuleiten Es empfiehlt sich, eine interne Geldwäscherichtlinie oder Handlungsanweisungen für die Kanzleiangehörigen zu erlassen.
  • Besondere Beachtung verdienen auch die Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden. Zentral ist hierbei die Identifizierung des Vertragspartners und die für ihn handelnde Person. So soll geklärt werden, ob sich etwa hinter einer komplexen juristischen Konstruktion ein wirtschaftlich Berechtigter verbirgt. Hierzu dient auch das 2017 neu geschaffene Transparenzregister, das zwischenzeitlich vom Auffang- zum Vollregister wurde. Deshalb müssen jetzt auch Gesellschaften (auch Steuerkanzleien), die bislang in anderen Registern wie etwa dem Partnerschaftsregister eingetragen waren, ihren wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden.
  • Die dritte Säule stellt insbesondere das Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und Mandant auf die Probe. Im Falle von Anhaltspunkten für Geldwäsche kann die Pflicht bestehen, eine Meldung an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (die sogenannte Financial Intelligence Unit, kurz: FIU) zu erstatten. Bei Immobilientransaktionen kann dies aufgrund der Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien (GwGMeldV-Immobilien) sogar verdachtsunabhängig der Fall sein.

Informationsquellen: Erste Informationen findet der Steuerberater beispielsweise auf den Webseiten der jeweiligen Steuerberaterkammern, die sogenannte Auslegungs- und Anwendungshinweise sowie Arbeitshilfen und Formulare, etwa für die Identifizierung von Vertragspartnern, zur Verfügung stellen. Auch die beim Bundesfinanzministerium (BMF) abrufbare Nationale Risikoanalyse und die Jahresberichte der FIU, die der Zoll online vorhält, bieten wertvolle Informationen zur Sensibilisierung, wann die Gefahr der Einbindung in geldwäscherelevante Vorgänge droht.

Das Delikt der Geldwäsche nach § 261 StGB

Die Neugestaltung des Geldwäschetatbestandes mit der Umsetzung der am 02.12.2018 in Kraft getretenen Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (im Folgenden: EU-Richtlinie, 6. Geldwäsche-Richtlinie) stellt eine grundlegende Umstrukturierung der Geldwäschestrafbarkeit dar, die in ihrem Anwendungsbereich eine verfassungsrechtlich bedenkliche Aufweitung erfahren hat. Die Reformierung des Geldwäschetatbestandes ist vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz als „Paradigmenwechsel im deutschen Geldwäschestrafrecht“ angekündigt worden. Der deutsche Gesetzgeber entschied sich gegen eine Umsetzung der 6. Geldwäsche-Richtline durch eine erneute Erweiterung des spezifischen Vortatenkatalogs und für die Einführung des sogenannten „All-crimes-Prinzips“ und ließ den spezifischen Vortatenkatalog komplett entfallen. Damit ging Deutschland deutlich über die Umsetzungserfordernisse der 6. Geldwäsche-Richtlinie hinaus; eine Überobligatorik, deren Sinnhaftigkeit, insbesondere mit Blick auf das Ziel des Änderungsgesetzes, nämlich die noch effektivere Verfolgung von organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung, sich erst noch im praktischen Umgang mit der seit dem 18.03.2021 in Kraft getretenen neuen Strafvorschrift des § 261 StGB wird erweisen müssen.

Das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche wurde am 09.03.2021 in der im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens modellierten Fassung verkündet und trat zum 18.03.2021 in Kraft. Die wesentlichen Gesetzesänderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • „all-crimes-approach“ statt selektiven Vortatenkatalogs; zum Ausgleich aber:
  • Wegfall der ersparten Aufwendungen als Tatobjekt
  • Strafbarkeit der leichtfertigen Geldwäsche
  • Strafausschlusses bei straflosem Vorerwerb durch Dritten in Fällen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4
  • Absenkung der Mindeststrafe
  • Qualifikationstatbestand für Verpflichtete nach § 2 GwG
  • Ausnahme vom Prinzip der doppelten Strafbarkeit: sogenannte „EU-Delikte“ als taugliche Auslands-Vortat trotz fehlender Strafbarkeit nach der lex loci
    Aufnahme des sogenannten „Strafverteidigerprivilegs“

Mit der nunmehr geltenden Fassung hat der Gesetzgeber sein vornehmliches Ziel, die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung unter Inkaufnahme des Grundrechtseingriffs gegenüber Einzelnen effektiv auszudehnen, erreicht. Der berechtigten Forderung der Rechtswissenschaft und Anwaltschaft, die durch die extensive Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Geldwäsche nunmehr auch erfassten sogenannten Bagatelldelikte durch eine Minima-Klausel von der Strafbarkeit auszunehmen, wurde nicht nachgekommen. Es wird sich in der täglichen Verfolgungs- und Aburteilungspraxis erst noch zeigen, ob in Bagatellkonstellationen in großzügigem Maße von Opportunitätseinstellungen nach §§ 153 ff. StPO Gebrauch gemacht werden wird, wie es der Deutsche Richterbund in seiner Stellungnahme im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens angeregt hat.

In der täglichen Beratungspraxis der rechts- und steuerberatenden Berufe entstehen insbesondere zwei Bereiche, die das Strafbarkeitsrisiko der Geldwäsche i. S. des § 261 StGB begründen können.

  • Zum einem läuft der Berater Gefahr, Teil der Geldwäschehandlung des Mandanten zu werden, indem er zu der Tat des Mandanten Hilfe leistet oder diese sogar mitgestaltet.
  • Zum anderen kann er selbst zum Täter der Geldwäsche werden, indem er sich mit Geldern inkriminierter Herkunft vergüten lässt.

In beiden Fällen stecken die Regelungen des GwG den Handlungsrahmen ab, um – entsprechend ihrem Gesetzeszweck – die Erfüllung des Straftatbestands nach § 261 StGB zu verhindern. Die Verpflichteten-Eigenschaft gemäß § 2 GwG kann seit dem 18.03.2021 aber auch eine Strafschärfung i. S. des § 261 Abs. 4 StGB begründen, wenn der Verstoß gegen den Pflichtenkatalog nach dem GwG in einer Geldwäschetat mündet.

Publikation der Autoren

Geldwäsche-Compliance in der Steuerkanzlei
1. Auflage. 2022. XVII, 99 Seiten. 39,90 Euro, NWB-Verlag, ISBN 978-3-482-68111-0