DStV-Präsident Lüth kritisiert steuerpolitische Häppchen-Politik und fordert mehr Planungssicherheit
Unter dem Motto „Neue Wege“ eröffnete Torsten Lüth, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV), am 10.10.2022 den 45. Deutschen Steuerberatertag in Dresden. Vor mehr als 1.300 Teilnehmern aus Berufsstand, Politik, Richterschaft, Finanzverwaltung und Wissenschaft kritisierte er die steuerpolitische Häppchen-Politik und drang auf deutlich mehr politische Weitsicht und Planungssicherheit.
Insbesondere zu kurze Fristsetzungen durch Behörden erschwerten den Steuerberaterinnen und Steuerberatern in Zeiten coronabedingter Zusatzaufträge eine planvolle Bewältigung ihres Arbeitspensums. Aber auch politische Schnellschüsse wie die 300-€-Energiepreispauschale führten zu einem erheblichen Beratungsmehraufwand für kleine und mittlere Kanzleien sowie zu umfangreicher Mehrarbeit in den Lohnabteilungen. „Jede Gehaltsabrechnung muss hierfür einzeln zur Hand genommen werden“, so Lüth.
Zugleich muten geplante Neuregelungen zur Beschleunigung von Betriebsprüfungen erschreckend an. Ein saftiges Verzögerungsgeld, das schnell vier- bis fünfstellige Beträge erreichen kann, soll vermeintlich lotterhafte Unternehmen zur qualifizierten Mitwirkung drängen. „Statt auf Kooperation zu setzen, werden neue Drohkulissen aufgebaut. Das ist das Letzte, was die Praxis braucht“ konstatierte der DStV-Präsident und versprach, sich im aktuellen Gesetzgebungsverfahren weiterhin nachdrücklich dagegen zu wehren.
Doch auch an anderen Stellen holpert es gewaltig. Wer als Berater während der Pandemie massenweise Anträge auf Kurzarbeitergeld für seine Mandantenunternehmen stellen musste, kann sich derzeit auf einen Bumerang gefasst machen. Die Arbeitsverwaltung steigt verstärkt in die Abschlussprüfungen der Anträge ein. Das Dilemma: Selbst bei Abweichungen von nur wenigen Euro müssen diese in den Kanzleien meist händisch nachbearbeitet werden. Lüth forderte daher „Bagatellgrenzen für die pandemiebedingten Kurzarbeitergeld-Anträge“. Das würde in der Praxis einen deutlichen Entlastungseffekt bedeuten – auch für die Bundesagentur für Arbeit.
Heftigen Gegenwind erwartet der Berufsstand zudem aus Brüssel. Die EU-Kommission hat angekündigt, im kommenden Jahr einen Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung der Rolle von Vermittlern von Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung verabschieden zu wollen. „Den Schuh ziehen wir Berater uns nicht an!“, so Präsident Lüth. Eine solche Richtlinie, befürchtet er, könne allerdings neue Belastungen für den Berufsstand mit sich bringen.
Corona-Entlastungspakete - Energie-Entlastungspakete - und jetzt: der Doppel-Wumms. Lüth fand klare Worte: „Wir alle sind in unseren Kanzleien am Belastungslimit angelangt – wollen aber weiterhin unseren Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität leisten. Ich fordere daher hier und heute ein Steuerberater-Entlastungspaket!“