Gesetz gegen Steuerbetrug beim Online-Handel (vormals: Jahressteuergesetz 2018) kommt mit umsatzsteuerlichen Neuerungen im Gepäck

Das Bundeskabinett hat am 1.8.2018 den Gesetzentwurf gegen Steuerbetrug beim Online‑Handel (vormals: Jahressteuergesetz 2018) beschlossen. Neben den namensgebenden Änderungen für den Online-Handel enthält der Regierungsentwurf notwendige Anpassungen an ergangene Rechtsprechung und redaktionelle Änderungen. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hatte in seiner Stellungnahme S 07/18 zu dem vorangegangenen Referentenentwurf des BMF Stellung zu den umsatzsteuerlichen Planungen genommen. Erfreulicherweise hat die Regierung in ihrem Gesetzentwurf einige Kritikpunkte an den Neuerungen für den Online‑Handel bereits berücksichtigt.

Bescheinigung über steuerliche Erfassung als Schutzschild vor überbordender Haftung

Welches Unheil drohte? Betreiber elektronischer Marktplätze sollen künftig für die von Online-Händlern nicht entrichtete Umsatzsteuer haften – und zwar, wenn diese aus Lieferumsätzen auf der Plattform resultieren. Der Referentenentwurf bot dem Marktplatzbetreiber keine rechtssichere Möglichkeit, die Haftung abzuwenden. Der DStV kritisierte nachdrücklich, dass dem ehrlichen Unternehmer so ein unüberschaubares und nicht gerechtfertigtes Risiko auferlegt worden wäre. Nach dem Kabinettswillen soll jetzt für die Enthaftung regelmäßig eine Bescheinigung des Online-Händlers über dessen steuerliche Erfassung ausreichen. Damit wird sie zum Schutzschild vor überbordenden Risiken.

Bescheinigungsausstellung nicht im Ermessen der Finanzbehörden

Der Kabinettsentwurf bietet insoweit auch für den Online-Händler Positives: Nach dem Referentenentwurf hätte das Finanzamt die Bescheinigung über dessen steuerliche Erfassung ablehnen können. Nämlich dann, wenn der Händler in der Vergangenheit seine steuerlichen Pflichten nicht erfüllt hätte und nach der Prognose des Finanzamts auch künftig nicht erfüllen würde. Auch hier war völlig unklar, worauf sich der Verkäufer hätte einstellen müssen. Diese Unsicherheit war nach Ansicht des DStV nicht tragbar, da die Bescheinigung für den Online-Händler zu der maßgeblichen Voraussetzung für seine Tätigkeit werden wird. Die Abhängigkeit von der Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist vom Tisch: Der Regierungsentwurf sieht keine Versagungsmöglichkeit mehr vor.

Ausblick für den Online-Handel

Angesichts der enormen bürokratischen Zusatzbelastung, welche die neuen Vorgaben für Marktplatzbetreiber und Online-Verkäufer bedeuten, ist das Gesetzesvorhaben starker Tobak. Der Referentenentwurf schoss deutlich über das Ziel hinaus. Durch die jetzigen Modifikationen des Kabinetts treten leichte Abmilderungen ein.

Abzuwarten bleibt allerdings, ob die Finanzverwaltung die Bescheinigungen zügig ausstellt und damit die Wirtschaft nicht behindert. Überdies ist unklar, wie oft der Gang zum Finanzamt notwendig wird: Längstens soll die Bescheinigung für drei Jahre gelten – möglicherweise auch kürzer. Dann fängt die bürokratische Kontrollschleife von vorne an. Daher ist nur ein leises Aufatmen erlaubt.

Umsetzung der „Gutschein-Richtlinie“: Konkretisierungen erforderlich

Die Gutschein-Richtlinie des Rates der Europäischen Union (Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates vom 27.6.2016 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen) regelt die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ab 2019. Bereits Mitte 2017 hat der DStV zu einem ersten Umsetzungsvorschlag der Verwaltung Stellung genommen (DStV-Stellungnahme S 08/17). Die Umsetzung in nationales Recht soll nun gleichfalls durch oben genanntes Gesetzesvorhaben erfolgen.

Ein Dreh- und Angelpunkt der neuen Norm werden Abgrenzungsfragen sein. So unterscheidet die Regelung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen. Darüber hinaus gibt es aber auch ähnliche Instrumente, die generell nicht unter die Neuregelung fallen sollen. Je nach Gutscheinart knüpfen unterschiedliche umsatzsteuerliche Rechtsfolgen an. Klarstellend normiert der Gesetzentwurf beispielsweise entsprechend der Vorgabe in der EU-Richtlinie, dass Gutscheine, die zum Preisnachlass berechtigen, keine Gutscheine im Sinne der Neuregelung sind.

Der DStV regt darüber hinaus weitere Abgrenzungen des Gutscheinbegriffs an: Zumindest die explizit genannten Erwägungsgründe der Gutschein-Richtlinie sollten gesetzlich verankert werden.

Zudem sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren normiert werden, wie der Gesetzgeber die Fälle lösen möchte, in denen ein Gutschein nicht eingelöst wird. Es ist systematisch äußerst zweifelhaft, wenn die Abgabe eines Einzweck-Gutscheins auch bei Nicht-Einlösen einen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz begründet - die Abgabe eines Mehrzweck-Gutscheins im gleichen Fall jedoch nicht.

Der DStV setzt sich zudem für die Klärung der Fragen ein, welche Rechnungsangaben bei der Gutscheinausgabe gemacht und wie „Alt-Gutscheine“ nach dem Regimewechsel behandelt werden müssen. Diese Fragen bleiben sowohl im Referentenentwurf als auch im Regierungsentwurf unbeantwortet.